Doch wann und warum verlieben wir uns? Wenn und weil wir uns jemandem emotional nah fühlen können. (Nicht verwechseln mit Fantasieren aufgrund von Informationen und Wunschvorstellungen. Das ist Schwärmerei.) Es braucht eine Verbindung und für diese müssen mögliche Schnittstellen geschaffen werden. Ich versuche das mit einem Beispiel. Ein Klient erzählte mir, dass er viel verreist, dass er sich eine Partnerin wünscht, die mit ihm solche Erfahrungen machen würde. Ich fragte, wie er das denn beschreiben würde. Er sagte, naja, ich sage, wo ich schon überall war und wohin ich noch möchte. Ich fragte nach, was denn sein schönstes Erlebnis während seiner letzten Reise gewesen war. (Ich fragte übrigens extra nach dem schönsten Erlebnis der LETZTEN Reise, nicht aller Reisen, weil das einfacher zu beschreiben ist. Fragt nicht nach dem schönsten Ding des ganzen Lebens, das ist viel zu schwer abzuwägen. Fragt lieber nach dem schönsten Erlebnis der letzten zwei Tage.)
Jedenfalls veränderte der Klient sofort seine Körpersprache, er öffnete sich, sein Gesicht hellte sich auf, seine Augen strahlten und er erzählte von einer Nacht in der Wüste, in einem Schlafsack unter Sternenhimmel. Ich fragte nach: Was ihm dabei durch den Kopf gegangen wäre? Und er erzählte von einem Hochgefühl, von Plänen für die Zukunft, von dem Gefühl bedeutsam und unbedeutsam zugleich zu sein und er ließ sich kaum bremsen. Ich hätte stundenlang nachfragen und zuhören können.
Was war geschehen? Er hatte mir Einblick in seine emotionale Welt gewährt und dadurch eine Schnittstelle geschaffen, die mir mehr über ihn erzählte, als alle Google-Abfragen der Welt.
Was will ich damit sagen, was will ich der Fragestellerin sagen? Wenn Ihr den Eindruck habt, es fällt euch schwer, emotionale Verbindungen zu schaffen und zu halten, dann vergesst eure Schutzstrategien und die Distanz, die diese erzeugen und öffnet euch. Dann und nur dann kann es nämlich auch beim anderen „Klick“ machen. Alles andere sind Fantasien, Wunschvorstellungen, die überprüft werden in den ersten Wochen, ob sie denn stimmen. Schafft ihr aber eine emotionale Verbindung, dann ladet ihr jemanden ein, gemeinsam mit euch neue Erfahrungen zu machen. Ihr geht keine Checkliste mehr durch, ob es passt, sondern ihr wollt es passend machen, weil ihr euch nahe fühlt. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Und das ist nach meiner Erfahrung oft DER Unterschied, ob ein Kontakt die ersten Wochen übersteht oder nicht.
Aber, das ist natürlich keine Einbahnstraße. Der andere muss das auch zulassen. Ihr habt vielleicht vor zwei Jahren von den 36 Fragen gelesen, die garantiert Verlieben unterstützen. Nicht alle davon finde ich wirklich gut, einige davon sind Seelenstriptease und over the top. Aber sie geben ein Gefühl, worum es gehen kann bei intensiven und tiefgründigen Gesprächen. Nämlich darum, nicht an der Oberfläche zu bleiben und Smalltalk zu machen, sondern in die Tiefe zu gehen. Antworten auf die Fragen: Warum? Warum hat dir das gefallen? Was war das Besondere? Was hat dich dabei beschäftigt?
Natürlich ist das nicht DIE Lösung, die für alle gilt. Manchmal passt es einfach nicht, manchmal hat man Pech, manchmal braucht man noch mehr Geduld. Aber gebt nicht auf. Habt Mut und Vertrauen in euch selbst!