unerhört: Ich habe keine Kraft mehr. Soll ich aufhören zu kämpfen?

Unsere Leserin hat drei Jahre um die Liebe ihres Partners kämpfen müssen. Sein letzter Rückzug hat ihre letzte Kraft gekostet. Sollte sie aufgeben?

Antwort: Worauf warten Sie noch? Lassen Sie los!

Ihr Körper scheint mir Ihnen die Antwort zu geben, die Sie vermutlich längst bereits wissen: es ist vorbei. Sie haben einen Partner verdient, der sich auch um Sie bemüht. Sie haben Ihren Kontakt zwei Mal von einem Neubeginn überzeugt – Sie nennen es Kämpfen, er nennt es Bequatschen – und das hatte keinen Bestand. Es tut mir sehr leid, aber seine Haltung ist so deutlich nach Ihrer Schilderung, dass ich Ihnen zu Ihrem eigenen Schutz raten möchte, loszulassen.

Die Dynamik Ihrer Beziehung ist offenbar von Beginn an nicht ausgeglichen gewesen. Seine Beziehung zu seiner Ex-Affäre und der sich bestätigende Verdacht, dass zwischen den beiden mehr wäre als Freundschaft, hat Ihre Verlustangst getriggert und war scheinbar die ganzen Jahre Ihre Begleiterin. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, führte dies auch dazu, dass Sie seinen Kalender und seine Nachrichten gelesen haben. Schlimm genug, dass die Vertrauensbasis zerstört war, Sie haben auch keine wirklichen Konsequenzen gezogen.

Ich fürchte, Ihre Verlustangst trägt einen großen Anteil daran, dass Sie einerseits so unglücklich mit Ihrer Beziehung sind und andererseits, dass Sie bisher nicht loslassen konnten. Eifersucht und Kontrolle schaffen immer Distanz zwischen Partnern. Dabei wäre genau in diesen Momenten mehr Nähe nötig, denn jeder Mensch sucht Bindung – notfalls auch außerhalb der Beziehung. Selbstverständlich war er derjenige, der Sie betrogen hat und unehrlich war. Möglicherweise unterschätzen Sie jedoch Ihren Anteil daran.

Zu Ihrem eigenen Schutz sollten Sie einen Schlussstrich ziehen. Ihr Partner zieht sich zurück und Sie geben sich Mühe, ihn davon zu überzeugen, dass Sie die Richtige für ihn sind. Das klingt unendlich anstrengend. Vielleicht möchten Sie sich mit externer Hilfe einmal ansehen, was Ihre Verlustangst triggert, damit Sie nicht in einer neuen Beziehung eine ähnliche Dynamik erleben müssen. Denn Sie beschreiben bei sich typische Symptome eines ängstlichen Bindungsverhaltens, das von dem Glaubenssatz geprägt ist, dass man sich Liebe verdienen müsse. Das ist aber nicht richtig und führt grundsätzlich zu einem Ungleichgewicht in einer Partnerschaft.

Wenn Sie jetzt diese Trennung nutzen Ihre Wünsche und Bedürfnisse an einen Partner näher zu beleuchten und die Gründe für das Scheitern aufarbeiten, können Sie Ihre nächste Beziehung selbstbewusster und weniger ängstlich eingehen – mit einem Partner, der sich nicht von Ihnen zurückzieht, sondern der sich auf Sie zubewegt.

unerhörtehrlich

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