Frage: Er schaut sich nach anderen Frauen um. Ich frage mich, was ich falsch mache
Ich bin Anfang 30 und habe eine zehn Jahre junge behinderte Tochter. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie schwer es ist, einen neuen Partner zu finden, der dies akzeptiert. Aber ich habe es nach vielen Misserfolgen tatsächlich geschafft. Wir kennen uns seit beinahe vier Jahren. Damals war er wegen seiner Alkoholsucht in Behandlung. Er hat sich vor einem Jahr wieder gefangen. Seit einem halben Jahr führen wir nun eine Fernbeziehung. Alles war gut, bis ich herausfand, dass er auch zu anderen Frauen Kontakt hat. Eigentlich ein absolutes NO GO! Aber wenn ich ihn mit meiner Tochter zusammen sehe, geht mir das Herz auf: Er geht so fürsorglich und liebevoll mit ihr um. Ich liebe ihn so sehr und weiß, dass er so eigentlich kein schlechter Mensch ist. Erst, seit er wieder Alkohol trinkt, verhält er sich so. Ich frage mich, was ich falsch mache. Weshalb schaut er sich nach anderen Frauen um? Kann mir das jemand beantworten?
Antwort: Suchen Sie die Schuld bitte nicht bei sich
Sie wurden von Ihrem Partner sehr verletzt. Seine Beweggründe kennt nur er. Doch ich möchte Ihnen ganz deutlich sagen: Die Frage, was Sie falsch machen, müssen Sie sich bitte nicht stellen! Es war seine Entscheidung, zu tun, was er getan hat. Falls seine Kontakte aus einer Unzufriedenheit mit ihrer gemeinsamen Beziehung heraus entstanden sein sollten, gäbe ihm dies noch immer nicht das Recht, ohne Absprache mit Ihnen, eigenmächtig die Exklusivität Ihrer sexuellen Beziehung aufzukündigen. Dann ist er in der Pflicht, mit Ihnen über seine Bedürfnisse zu sprechen – denn nur wenn Sie beide Ihre Wünsche und Fantasien kennen, können Sie diese auch gemeinsam ausleben. Allerdings möchte ich Sie gerade vor Ihrem persönlichen Hintergrund fragen: Sind Sie ganz sicher, dass Sie Ihren Partner nach dieser Erfahrung lieben können – und dass Sie nicht vielleicht nur ein Bild lieben, das Sie von ihm haben? Mir ist bewusst, dass die Antwort sehr schmerzhaft sein kann. Aber Sie suchen Schuld bei sich, wo doch er derjenige ist, dem Sie etwas vorzuwerfen hätten.
Sie haben das Alkoholproblem Ihres Partners angesprochen: Jede Form von Sucht belastet eine Beziehung. Es liegt jedoch allein in den Händen des betroffenen Partners, seine Verhaltensweisen zu verändern. Es ist natürlich wundervoll, wenn Sie ihn dabei unterstützen. Doch Sie und Ihre Wünsche dürfen nicht darunter leiden. Deshalb ist es nicht Ihre Aufgabe, sich Fragen nach Ihrer Schuld zu stellen: Ich denke, er muss Ihnen einige Fragen beantworten. Suchen Sie deshalb das Gespräch mit Ihrem Partner. Formulieren Sie nicht Vorwürfe, sondern sprechen Sie über Ihre Wünsche, Ziele und Ihre gemeinsame Zukunft. Fragen Sie ihn, wie er sich diese vorstellt. Was er bereit ist, zu tun, damit Ihre Beziehung diese Zukunft hat. Entschuldigungen und Versprechen helfen Ihnen hierbei wenig weiter. Es geht um ganz konkrete Dinge, die sich verändern müssen. Denn sonst erleben Sie eine ähnliche Situation sicher erneut in der Zukunft. Zeichen seines verbindlichen Wunsches nach Veränderung wäre, mit Ihnen gemeinsam eine Beratung aufzusuchen und erneut seine Alkoholsucht behandeln zu lassen.
unerhörtehrlich
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