Frage: Ich habe eine Beziehungspause vorgeschlagen, damit er mich vermissen kann. War das richtig?
Ich bin mit meinem Freund seit einem Jahr zusammen. Es ist meine erste Beziehung. Er ist etwas älter und hat mehr Erfahrung. Ich bin für ihn eine perfekte Freundin. Als er einmal sehr im Stress war, hatten wir eine kleine Pause, weil er nicht mehr wusste, ob er mich noch liebt. Er ist sowieso viel am Zweifeln! Wir waren nun übers Wochenende verreist. Er hat sich um alles gekümmert und alles bezahlt, denn er verdient Geld, und ich sollte mir Gedanken machen, was wir unternehmen. Aber mir fiel wirklich nichts ein, denn ich kannte die Stadt ja auch nicht. Er regte sich furchtbar auf und warf mir vor, ich würde mich um nichts kümmern und dass er so viele Sachen macht, damit ich glücklich bin. Es stimmt, dass ich vergesslich bin, aber ich liebe ihn doch, ist das nicht das Wichtigste? Nach unserer Rückkehr sagte er, dass er durch seinen Stress verunsichert sei, dass ihm etwas fehlt in der Beziehung. Intim waren wir lange nicht mehr, dazu ist er nicht in Stimmung. Ich habe nun eine Beziehungspause vorgeschlagen. Er soll merken können, wie sehr ich ihm fehle. Jetzt meldet er sich nicht mehr. Habe ich falsch gehandelt?
Antwort: Er fühlt sich übervorteilt. Nun müssen Sie Einsatz zeigen
Mein Eindruck ist, dass Sie beide im Moment nicht auf einer Wellenlänge liegen, was Ihre Wünsche und Erwartungen aneinander sind. Sie selbst beschreiben sich als eine Person, die etwas achtsamer und aufmerksamer sein könnte. Nach meiner Erfahrung ist das dann auch tatsächlich so, wenn jemand das von sich selbst sagt. Ich möchte Ihnen deshalb die Aufgabe geben, jeden Tag zwei Dinge zu notieren, für die Sie Ihrem Partner dankbar sind und die Sie als nicht selbstverständlich ansehen. Machen Sie das vier Wochen lang. Ohne einzelne Punkte zu wiederholen! Was zunächst schwierig klingt, wird Ihnen rasch ganz leicht fallen, denn Ihnen werden schon bald viele Kleinigkeiten auffallen, die Ihnen sonst entgangen waren. Sie werden sehen, es dauert nicht lange, Ihr Partner wird diese Aufmerksamkeit bemerken.
Sie beschreiben, dass er wenig Lust auf Intimität hat im Moment. Das ist ein häufiges Symptom, wenn ein Partner den Eindruck hat, selbst mehr in die Beziehung zu investieren als die Partnerin. Ihre Reaktionen, einerseits die Beziehungspause, andererseits sich zurückzuziehen und zu warten, dass er sich besinnt, gehen deshalb nicht auf. Ich vermute, dass es vielmehr an Ihnen sein müsste, ihm Ihre Bereitschaft zu zeigen, in die gemeinsame Beziehung zu investieren. Für mich stellt es sich so dar, dass Ihr Freund in Sie verliebt ist und viel investiert, aber dass er enttäuscht ist über den Einsatz, den Sie zeigen.
Nun ist niemand da, um die Erwartungen eines Anderen zu erfüllen. Sie müssen und sollen sich nicht verbiegen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie genug investieren und sich ungerecht behandelt fühlen, dann ist das ebenso legitim wie sein Empfinden. Nur kommen Sie dann auf Dauer nicht zusammen.