Antwort: Überwinden Sie Ihre Lähmung und nehmen Sie das Ruder in die Hand
Ich kann verstehen, wie verzweifelt Sie sind, denn Sie sitzen in einem ziemlichen Schlamassel zwischen Verantwortung und Verliebtsein, zwischen einem Versprechen und Betrug. Und aus Ihrer Schilderung kann ich entnehmen, dass Sie unter der Situation extrem leiden. Diese Verzweiflung scheint Sie zu lähmen. Sie warten ab, Sie hoffen auf einen Ausweg – wenn Sie jedoch nicht bald selbst aktiv werden, dann wird Ihnen ein Weg aufgezeigt werden, den Sie nicht mehr beeinflussen können, dann wird jemand, nämlich Ihr Partner (oder vielleicht auch die Partnerin Ihrer Außenbeziehung) diese Entscheidung für Sie vorwegnehmen. Mein Eindruck ist, dass Ihnen in Ihrem Schmerz insgeheim sogar diese Lösung attraktiver erscheint als weiterhin derart gelähmt zu sein, weil dadurch Fakten geschaffen würden. Dabei ist das Auffliegen Ihrer Affäre die schlechteste aller Varianten, weil Sie bei dieser keinen eigenen Gestaltungsspielraum mehr haben werden. Setze Sie sich jedoch mit Ihrem Mann auseinander, können Sie die Richtung noch ein Stück weit selbst beeinflussen, die Ihre Ehe gehen wird.
Ich vermute, ohne externe Hilfe werden Sie Ihre Ehe nicht neu beleben können. Ihre Ehe ist für den Moment gescheitert. Sie müssten einen vollständigen Neubeginn mit Ihrem Mann wagen, bei dem Sie ganz ehrlich alles aufzeigen müssten, was in der Vergangenheit vorgefallen ist. Ich arbeite viel mit Paaren, bei denen ein Partner über längere Zeit eine Außenbeziehung führte und kann Ihnen leider wenig Mut machen: ein Betrug über längere Zeit führt nahezu immer zum Beziehungsaus. Nicht einmal, weil die Partner es nicht versuchen möchten, sondern weil der Vertrauensverlust so gravierend ist, dass die Angst vor erneuter Verletzung stärker ist als der Wunsch vor erneuter Annäherung. Ob Ihr Mann Sie jemals wieder so nah an sich heranlassen würde, dass Sie die Möglichkeit haben könnten ihn zu verletzen, ist nach meiner Erfahrung sehr fraglich. Das kann nur er entscheiden. Betrogene leiden nicht nur darunter belogen worden zu sein, vor allem zweifeln sie an der eigenen Wahrnehmung: Wie sie nicht haben mitbekommen können, was in der Beziehung so schief lief, wie sie den Betrug nicht gesehen haben. Diese Selbstzweifel sind meist hartnäckiger und beständiger als die meisten Affären.
Sie sorgen sich um Ihre Kinder. Es werden aber genau die Fragen nach Ehrlichkeit sein, die Sie und Ihre Außenbeziehung eines Tages Ihre Kinder fragen werden. Ob Sie diese tatsächlich schützen, wie Sie vermuten, oder nicht sogar deren Glaube und Vertrauen in eine Beziehung (auch die künftigen eigenen Beziehungen) tiefgreifend schädigen, könnten Sie mit einem Familientherapeuten besprechen, der Ihnen vielleicht durch Beispiele anderer Paare Wege aufzeigt, auf die Sie im Moment durch Ihre Verzweiflung selbst nicht kommen.
Sie hoffen auf einen Rat, der Ihre Welt wieder hell und freudvoll für Sie macht. Ich fürchte, Sie wissen selbst ganz genau, was Sie tun müssten – Sie haben nur – noch – zu viel Angst vor der Konsequenz. Doch diesen Mut, der von Ihnen nun abverlangt wird, den haben Ihre Kinder verdient und Ihr Ehemann ebenso. Und auch Sie selbst. Wenn Ihre Außenbeziehung die Liebe Ihres Lebens ist, dann handeln Sie und stehen Sie zu Ihrer Entscheidung.
Sie schreiben, Sie wünschen sich jemanden, der Sie an die Hand nimmt wie Sie das mit mit Ihren Kindern tun. Vielleicht kann Ihnen eine Therapeutin auf Ihrem Weg helfen. Doch Sie werden diesen Weg selbst gehen müssen. Ich denke, so wie bisher können Sie nicht mehr lange weitermachen. Möglicherweise hilft Ihnen der Gedanke, dass Ihre Situation aktuell so schmerzhaft ist, dass die Wahrheit mit allen möglichen Konsequenzen durchaus das Potenzial zur Verbesserung Ihrer Situation birgt. Denn das bestätigen irgendwann fast alle Menschen in Ihrer Situation am Ende: Ehrlichkeit schafft Erleichterung und meist überhaupt erst die Chance gemeinsam neue Wege zu verhandeln.
Fragen Sie sich, ob Sie nicht aus der Rolle der Hilflosen heraustreten wollen und die Chance ergreifen, diese Situation aktiv und nach Ihren Wünschen zu verbessern. Übernehmen Sie das Ruder, solange das noch möglich ist.
unerhörtehrlich
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