Frage: Getrennt – aber noch nicht frei?
Ich habe einen Mann auf der Arbeit kennengelernt. Wir haben geflirtet, sind essen gegangen, haben telefoniert. Zu dem Zeitpunkt war er noch in einer Beziehung. Irgendwann hat er mir eröffnet, dass er nach schon nach so kurzer Zeit viel für mich empfindet, ich der Mensch wäre, von dem er gedacht hat, dass es ihn nie geben würde.
Ab da wurde es intensiv. Wir waren verliebt, das hat er mir auch wortwörtlich so gesagt. Zu diesem Zeitpunkt hat er sich wohl von seiner Partnerin getrennt. Dann hat er bei mir übernachtet. Danach hatten wir noch einen Dienst zusammen, und alles war gut.
Aber dann distanzierte er sich. Es kam weniger von ihm, er war häufig erledigt von der Arbeit meldete sich viel seltener. Er sagte, er bräuchte Ruhe und Abstand von allem. Es ginge zu schnell, es wäre zu intensiv. Er sagte, dass er nichts bereut und dass das alles ehrlich war und er mich nicht verarscht hätte. Dass er aber froh wäre, momentan frei entscheiden zu können, was er macht.
Wir waren einfach glücklich, nur zusammen zu sein und dann war es plötzlich anders. Gibt es eine Chance? Oder hat er es nie ernst gemeint?
Antwort: Sie wollen keine Übergangslösung sein
Natürlich lässt sich nicht aus der Ferne in den Kopf Ihres Kontaktes sehen, doch was Sie berichten, deckt sich mit meinen Beobachtungen aus der Praxis: Manchmal braucht es eine neue Liebe, um sich aus einer unglücklichen Beziehung lösen zu können – leider braucht es aber ebenso Zeit, um diese dann aufzuarbeiten, bevor eine neue Beziehung beginnen kann. Ihr Kontakt sucht nach der Lösung aus der alten Partnerschaft nun seine neue Rolle. Möglicherweise ist er hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach einer neuen Beziehung und dem Bedürfnis nach Freiraum und einer Single-Phase.
Nach meiner Erfahrung braucht es jedoch immer Zeit, um sich für eine neue Partnerschaft zu öffnen und dieses Timing ist für Sie ungünstig. Tatsächlich sollten Sie ihn nicht bedrängen, denn wenn er sich unter Druck gesetzt fühlt (selbst wenn Sie das ganz anders und liebevoll meinen), wird er sich vermutlich nur noch weiter zurückziehen oder sich aggressiv “mit dem Rücken zur Wand” verteidigen.
Was Sie tun können? Geben Sie ihm Raum, um sich seiner Wünsche klar zu werden. Möglicherweise öffnet er sich Ihnen ja so weit, dass er Ihnen seine Ängste anvertraut – vielleicht gibt es Dinge und Verhaltensweisen, die er in seiner letzten Beziehung erlebt hat und die er unbedingt beim nächsten Mal vermeiden möchte. Ob diese Ängste in einer Beziehung mit Ihnen überhaupt berechtigt wären, könnte Thema einer Unterhaltung sein.
Wie lange eine solche Aufarbeitungsphase anhält, hat viel mit der eigenen Persönlichkeit, der Dauer der Beziehung und den Trennungsgründen zu tun. Leider dauert das aber gewiss ein paar Monate, häufig auch viele Monate. Ob Sie sich in eine Warte-Position zurückziehen wollen, müssen Sie für sich entscheiden. Sicherlich sollten Sie sich aber selbst schützen, damit Ihnen kein Schmerz zugefügt wird. Gehen Sie keine Kompromisse ein, mit denen Sie sich nicht wohlfühlen. Damit meine ich beispielsweise ein offenes Beziehungsmodell oder dass Sie sich länger hinhalten lassen, als Sie verkraften können.