Das Männchen wirbt um das Weibchen
Und wer sich nun das Werbeverhalten der Lebewesen auf diesem Planeten ansieht, der stellt fest, bei nahezu allen muss der männliche Part um den weiblichen Part werben. Die Rolle der Dame ist dabei die der Auswählenden. Das bedeutet für die Herren, sie machen Angebote und bewerben sich. Da gibt es welche, die müssen tanzen, andere müssen kämpfen, andere müssen Nester bauen, andere müssen einfach nur die Hübschesten sein.
Diese Kategorien sind ein Zeichen von Fitness, also ein Zeichen von guten Genen, und diese wirken attraktiv. Sie sagen, dieser Kerl ist gesund und seine Nachkommen werden ebenfalls gesund sein. Bei Pfauen sind das die längsten und prächtigsten Schwanzfedern, bei der Nachtigall das umfangreichste Repertoire an Gesangskunst und bei Männern eine Kombination aus Körperbau, Größe, Breite der Schultern, Gesichtsform, Haltung, Stimme, Auftreten, Mimik, Gestik, Kussfertigkeit und und und.
Nun sind Menschen zwar manchmal auch schräge Vögel, aber grundsätzlich durch ihre Anpassungsmöglichkeiten, ihre Lernfähigkeit, ihre Wissensweitergabe schon der übrigen Tierwelt gegenüber im Vorteil. Sie haben schließlich einen Neocortex, der ihnen ermöglicht, Impulse zu hinterfragen, Handlungen abzuwägen und bewusst Entscheidungen zu treffen, die auf ihren Erfahrungen basieren oder – und das ist ein sehr wichtiger Part – neue Erfahrungen zu zulassen. Das bedeutet, während die meisten Tiere – aber auch nicht alle! – gezwungen sind, immer wieder dasselbe zu probieren oder mehr desselben, können Menschen gänzlich neue Wege gehen und herausfinden, ob nicht eine ganz neue Strategie die besseren Ergebnisse bringt.
Die Evolution befähigt uns neue Dinge auszuprobieren
Übertragen bedeutet dies: Wenn auch nur die kleinste statistische Wahrscheinlichkeit bestünde, durch anderes Verhalten ein anderes Ergebnis zu erzielen als durch die ständige Wiederholung des bisherigen Verhaltens, dann können Menschen neue Ergebnisse herbeiführen. Die Evolution zwingt sie nicht, auf alten Wegen zu bleiben, im Gegenteil, sie befähigt sie, Neues auszuprobieren, Erfindungen zu machen, sich weiter zu entwickeln. Auch das ist Evolution! Wir nehmen mit: Manche Errungenschaften der Evolution wirken archaisch, andere aber eröffnen uns ganz neue Welten!
Frauen kommen leichter an Sex als Männer, das sollten wir also präzisieren zu: Frauen wird häufiger Sex angeboten als Männern. Aber: Diese Erleichterung, falls es denn eine ist, hat einen hohen Preis. Liebe Männer, fragt doch einmal eine oder eure Freundin, wie oft sie Sex angeboten bekommt, wenn sie einfach nur zum Shopping durch die Innenstadt läuft. Wie oft ihr ein Spruch hinterhergerufen wird. Wie oft sie an der Ampel mit Komplimenten beglückt wird. Wie oft sie auf dem Nachhauseweg abends angesprochen wird. Wie oft sie im Internet mit “Hi, f*#$%?” angeschrieben wird. Wie oft ihr unaufgefordert Dick-Pics geschickt werden. Wie oft sie auf einen ernsthaften Kommentar auf ein Posting reduziert wird darauf, dass sie wohl nicht genug oder schlechten Sex hatte.
Ist das ungerecht?
Diese Folgen betrachtet, und so gut ich verstehen kann, dass es zunächst ungerecht scheint, dass Frauen es ja so viel leichter hätten als Männer, wenn es um die Partnerwahl ginge, so sehr ist das – in der Relation gesehen zu den Belästigungen – nichts weiter als Mimimi.
Klartext: Dass Frauen die freie Partnerwahl haben, dass sie auf Augenhöhe entscheiden können, mit wem sie ihr Leben und ihr Bett teilen können, das ist noch nicht lange her. Zur Erinnerung: Erst 1949 wurden Frauen und Männer formal gleichgestellt. Erst 1958 trat das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Bis in die 70er Jahre musste eine Frau heiraten, um versorgt zu sein. Dass eine Frau in einer Hose zum Arbeiten kam, war auch 1970 noch ein Skandal! Und erst 1973 wurde der Strafbestand der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung festgeschrieben. Das ist keine 50 Jahre her!
Die Frage: “Kommen Frauen leichter an Sex als Männer” lässt sich in einem gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen und historischen Kontext nur beantworten, wenn man gleichzeitig fragt: Warum müssen Frauen im Jahr 2020 immer noch Sexismus ertragen? Und warum erleben (manche) Männer dies als Diskriminierung und fühlen sich ungerecht behandelt?
Wenn Männer Frauen mies anmachen und dabei erfolglos sind, sich dabei auf irgendwelche Evolutionsforschung berufen, die besagt, Männer wären eben so von Natur aus, warum greifen sie dann nicht zu jener wundervollen evolutionären Entwicklung, die ihnen ermöglicht, eine andere Strategie zu versuchen, die erfolgreicher wäre?
Viele Männer gehen in Dating-Apps leer aus
Allerdings muss auch angesprochen werden, wirklich leicht haben es DIE Männer nicht. Eine Studie über den Erfolg von Männern beim Online Dating beispielsweise war ziemlich eindeutig. Nur ganz wenige Prozent der Männer werden bei Dating Apps nach rechts gewischt und dann mit Anfragen überhäuft. Die anderen gehen mehr oder weniger leer aus. Auch das scheint dem Evolutionsprogramm zu folgen, das sagt: Die Damen interessierten sich ausschließlich für die erfolgreichen Alpha-Männchen, den mit den schönsten Schwanzfedern sozusagen.
Was also bleibt? Nun, es bleibt kompliziert. Aber lasst uns doch einmal bitte feststellen: Jahrtausende lang haben bei der Partnerwahl und der sexuellen Selbstbestimmung die Frauen die Kürzeren gezogen. Nun dreht sich das noch nicht einmal um, nein, nun fordern Frauen nur dieselben Rechte ein. Und schon kommt Mimimi. Wobei die Mimimis vergessen, dass das Programm Belästigung, sexuelle Nötigung, Sexismus munter parallel weiterläuft. Das macht das Mimimi so ganz besonders fragwürdig.
Was könnt ihr machen, liebe Männer, um Frauen zu gewinnen? Nutzt das evolutionäre Programm Kreativität. Wenn eine Strategie nicht funktioniert, dann versucht eine andere. Und noch eine andere. Werdet nicht lauter, drängender, brutaler und unverschämter! Die Strategie wird scheitern. Fragt doch die Frauen, was sie sich von euch wünschen, was sie attraktiv finden! Das heißt keinesfalls, dass ihr sklavisch alle Wünsche erfüllen müsst, natürlich könnt auch ihr verhandeln.
Auch Männer seid nicht dazu da, die Erwartungen von irgendwem zu erfüllen. Aber bitte, bitte, reduziert euch nicht auf Statistiken, nach denen dies oder jenes jenem oder jener einfacher gelingt oder nicht. Schaut lieber darauf, was diejenigen, die erfolgreich sind, anders machen als ihr und schaut euch an, ob das ein Weg wäre, den ihr auch probieren wollt.
Mit Omis Rat möchte ich schließen; Wer ff*#$%? will, muss freundlich sein!
unerhörtehrlich
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