Frage: Will er sich trennen oder nicht? Ich habe Angst
Ich bin Anfang 20 und zum zweiten Mal in einer Beziehung. Meine Erste ist ein Jahr her und hielt fünf Jahre. Aber im Nachhinein denke ich, dass sie nur auf Grund von Abhängigkeit so lange hielt. Mein neuer Partner ist genau das, was ich immer gesucht habe. Nett, höflich, zuvorgekommend, liebevoll und liebesbedürftig, humorvoll und optisch auch genau mein Typ. Jetzt wohne ich seit einem Monat bei ihm und wir hatten vergangenen Sonntag unser erstes Problemgespräch. Ich hatte in dem Moment das Gefühl, dass er die Beziehung beenden möchte. Was ich ihm auch sagte und meinte, dass ich versuche an mir zu arbeiten – wenn er das überhaupt will. Er antwortete, dass er das natürlich möchte und deswegen ja mit mir reden wollte. Nach dem Gespräch war er wieder so, als ob nichts gewesen wäre. Ich hingegen habe mit meiner Verlustangst zu kämpfen, da ich mich endlich wieder auf jemanden eingelassen habe und angefangen habe ihm zu vertrauen und mich zu öffnen. Ich kann nicht einfach so tun als ob dieses Gespräch nie stattgefunden hat. Meine Angst beschäftigt mich täglich, ich schlafe kaum und wenn ich ihn ansehe, kommt meine Angst zum Vorschein und ich bin kurz davor zu weinen.
Antwort: Problemgespräche müssen Sie nicht fürchten. Aber an Ihrer Verlustangst sollten Sie arbeiten
Zunächst Glückwunsch dazu, dass Sie offenbar einen Menschen gefunden haben, der gut zu Ihnen zu passen scheint. So schnell zusammenzuziehen ist sicher ungewöhnlich, da man sich ja eigentlich noch nicht so richtig kennt. Umso wichtiger ist es, wirklich miteinander zu sprechen. Ich finde es sehr gut von Ihrem Partner, dass er das Gespräch gesucht hat und Ihnen seine Wahrnehmungen und Gefühle mitgeteilt hat. So wissen Sie, was ihn beschäftigt und was ihm eventuell in der Beziehung fehlt. Das ist konstruktiv und spricht dafür, dass ihm etwas an der Beziehung liegt. Ich finde es auch gar nicht schlimm, dass es solche „Problemgespräche“ gibt – im Gegenteil, wenn sie vermieden werden, dann ist das viel problematischer. Vielleicht vereinbaren Sie beide auch regelmäßige Gespräche, das machen viele Paare. So staut sich kein Frust auf und jeder hat die Chance, viel unmittelbarer zu reagieren. Ich denke, das sind die Dinge, die Sie im Moment tun können.
Sie haben angedeutet, dass Sie grundsätzlich Angst haben, sich einem Menschen gegenüber zu sehr zu öffnen (und damit auch verletzbar zu machen). Eine solche Furcht hat bestimmte Ursachen. Auf der anderen Seite ist es aber ein grundlegender Anspruch an eine echte Paarbeziehung, dass die Beteiligten sich offen gegenüberstehen und sich nah sein können. Haben Sie denn eine Idee, woher die Verlustangst/Bindungsangst bei Ihnen herkommt? Oft muss man ein wenig weiter zurück in die Vergangenheit gehen, um die genauen Ursachen herauszufinden. Beispielsweise leiden Scheidungskinder oft darunter, weil sie erlebt haben, dass das erste „Beziehungsmodell“, welches sie erlebt haben (Vater/Mutter), nicht funktioniert hat. Unabhängig von Ihrer aktuellen Beziehung würde ich Ihnen empfehlen, die Ursachen herauszufinden – am besten auch mit fachlicher Unterstützung. Wenn Ihnen diese Ursachen klar sind, dann können Sie viel besser mit den Symptomen (Rückzug, Nähe nicht aushalten etc.) umgehen. Daran können Sie „arbeiten“.