Frage: Ich kann mit meinem Partner nicht über unsere Probleme reden
Wir sprechen nicht mehr miteinander. Wir lieben uns, aber ich vermisse die gemeinsamen Gespräche. Wenn ich mit ihm mal nicht nur über Alltägliches sprechen möchte, sondern darüber, wie es uns geht, dann macht er sofort zu.
Wie komme ich an ihn ran? Wenn ich versuche, ein Thema zu klären, zieht er sich zurück. Aber Konflikte lassen sich nun einmal nur klären, wenn man über sie spricht. Warum versteht er das nicht? Wenn ich dann hartnäckig bin, reagiert er oft sogar aggressiv. Oder er verlässt ganz den Raum.
Ansonsten ist er total lieb, friedfertig und ein toller Partner.
Antwort: Hört auf mit einer Strategie, die offensichtlich nicht funktioniert
Dass ein Partner mehr und häufiger sprechen möchte, ist normal. Es ist sogar eher sehr ungewöhnlich, wenn beide Partner in ihrem Bedürfnis nach Austausch ganz gleich ticken. Ob es zum Konflikt dadurch kommt, ist vor allem davon abhängig, wie bedrohlich die Partner diesen Unterschied erleben. Denn das große Problem dahinter ist natürlich: Partner, die nicht miteinander sprechen, die können auch ihre Konflikte nicht lösen.
Die Rollenverteilung ist dabei keine Frage des Geschlechts , sondern eine der Persönlichkeit. Vor allem begründen frühere Erfahrungen mit Verlust und mit Streit die Reaktion auf einen drohenden Konflikt: Manche Partner haben früh gelernt, dass jeder Konflikt oder Streit schlecht sei und zum Beziehungsaus führen kann. Deshalb bemühen sie sich grundsätzlich um Harmonie und vermeiden Auseinandersetzungen. Manchmal fressen sie den Frust so lange in sich hinein, bis sie sich nicht mehr unter Kontrolle haben und dann besonders unfair und abwertend werden. Dies ist aber grundsätzlich zunächst ein Fluchtverhalten, das dann in Angriff umschwenkt, wenn sie die Wand am Rücken spüren.
Umgekehrt ist der Partner, der das Gespräch sucht, oft der Überzeugung, es müsse alles raus, was stört und es gäbe für jeden Konflikt schon eine Lösung, sie müsse nur gefunden werden. Am besten sofort. Er ist dann eher in einer Art Angriffsmodus, auch wenn er sein Verhalten nicht so bezeichnen würde. Legitimiert wird dieses, weil ja doch bekannt ist: Ihr müsst darüber sprechen!
Dagegen steht eine extrem wichtige Erkenntnis: Zwei Drittel aller Paarkonflikte sind nicht durch einen Kompromiss lösbar, der beide Partner gleichermaßen zufrieden stellen kann. Auf Dauer zerstören nicht nur faule Kompromisse, sondern auch das Zerreden solcher Konflikte die Beziehungszufriedenheit. Denn die Partner arbeiten sich aneinander ab. Sie werten einander ab. Sie gelangen immer mehr zur Überzeugung: Wir passen nicht zueinander. Das frustriert und sorgt für Stress. Es entsteht häufig nun eine Forderung-Rückzugs-Dynamik, die beide Partner sehr belastet. Ein Partner “greift” immerzu an, der andere Partner “macht immer mehr dicht”: Er macht direkt zu.