unerhört: Er leidet unter Bindungsangst

Weil seine Ex ihn betrogen hat, fürchtet er sich vor Nähe. Was kann ich machen? Und: Er hat eine Vergangenheit als Frauenheld

Frage: Was kann ich gegen seine Bindungsangst ausrichten?

Ich habe vor einigen Monaten einen Mann kennengelernt. Es passt alles, außer dass er ein Problem hat, sich zu binden. Seine Ex-Freundin hat ihn übel betrogen. Er empfindet zwar nichts mehr für sie, und er führte auch andere Beziehungen seither, aber die haben nie gehalten. Als wir uns näher kennenlernten, lief alles super: Wir unternahmen viel, ich schlief häufig bei ihm. Es fühlte sich an wie in einer Beziehung. Doch dann kam für mich der Schlag in die Magengrube. Er sagte mir, dass er seit dieser Beziehung unter einem Bindungsproblem leide. Er fühle sich von unserer Beziehung unter Druck gesetzt und eingeengt – obwohl ich ihm sehr viele Freiheiten lasse. Was kann ich tun, wie kann ich ihm helfen?

Antwort: Leidet er tatsächlich unter Bindungsangst, dann wird er selbst aktiv etwas dagegen unternehmen

Nach Ihrer Beschreibung kann es sich tatsächlich um eine Bindungsstörung nach einer sehr unglücklichen Beziehung handeln, die Ihr Partner durchlebt. Schlechte Erfahrungen sollten erst aufgearbeitet werden, damit neue, gute Erfahrungen wieder möglich sind. Ob das bei Ihrem Partner zutrifft, lässt sich aus der Ferne nicht seriös beurteilen. Es ist möglich. Wäre es so, leidet er unter der Angst, erneut verletzt zu werden und lässt deshalb mehr Nähe nicht zu. Was können Sie da machen? Leider nichts, außer zu versuchen, seine Ängste durch ihr Verhalten zu entkräften. Das kann aber bedeuten, dass Sie sich dafür stark einschränken müssen. Ob das wiederum Sie glücklich macht, müssen Sie entscheiden. Sicher werden Sie ihn aber nicht ändern können. Sollte seine Bindungsangst so groß sein, dass er selbst darunter leidet, müsste er sich hierfür professionelle Hilfe suchen. Umgekehrt ist es aber so: Macht er das nicht, ist sein Leidensdruck doch nicht so groß – und seine Bereitschaft, etwas zu verändern, gering.

Möglicherweise erleben Sie aber auch gerade eine Rückzugsphase, wie sie in sehr vielen Beziehungen nach den ersten Monaten aufkommt. Jetzt entscheidet sich, ob man gemeinsam weitermachen möchte, ob die Zuversicht groß genug ist, auch in Zukunft ein Paar bleiben zu können. Bindungsangst ist dann möglicherweise eine vorgeschobene Selbstdiagnose, bewusst oder unbewusst, um keine Schuldgefühle aufkommen zu lassen. Nach meiner Erfahrung ist Bindungsangst, falls es sich darum tatsächlich handeln sollte, etwas, wogegen Sie wenig ausrichten können. Natürlich können Sie sich bemühen, ihn von sich zu überzeugen. Doch dabei besteht immer die Gefahr, dass Sie sich unterdessen aufgeben und Ihre Bedürfnisse unterordnen. Auf Dauer wäre Ihre Partnerschaft nicht ausgewogen oder gleichberechtigt. Sie würden in eine emotionale Abhängigkeit geraten, die eine ausgewogene Paar-Dynamik schwierig macht. Außerdem die Gefahr, dass er sich hinter seiner Bindungsangst versteckt und als Argument nutzt, um Sie nicht zu verletzen. “Es liegt an mir, nicht an dir …” Prüfen Sie, bevor Sie sich weiter engagieren, ob das eine Möglichkeit ist.


Weitere interessante Beiträge