unerhört: Er bezeichnet sich selbst als beziehungsunfähig. Wie kann ich ihn dennoch erreichen?

Antwort: Fragen Sie nicht, warum er Angst hat. Fragen Sie sich, wovor Sie sich insgeheim fürchten.

Sie schreiben: Vermutlich sagen Sie jetzt: „Bitte vergessen!“ Daraus schließe ich, dass dieser Gedanke Sie in den vergangenen Jahren begleitet hat. Was meinen Sie, was würde geschehen, wenn Sie diesem Gedanken Folge leisten würden? Welche Veränderungen würden sich dadurch ergeben? Wovor fürchten Sie sich? Und welche Möglichkeiten würden sich Ihnen eröffnen? Denn natürlich ist es genau dieser Raum, den ich Ihnen geben muss.

Sie schildern eine sehr typische Dynamik von Forderung und Rückzug. Ihr Kontakt hat ganz klar gesagt, dass er nicht an einer Beziehung interessiert ist, bezeichnet sich selbst als beziehungsunfähig (was es nicht gibt) – aber Sie mögen ihm nicht glauben. Warum nicht? In all diesen Jahren sind Sie einander nicht näher gekommen. Das sind Jahre, in denen Sie nicht frei waren für eine Beziehung mit einem Mann, der sich wirklich für Sie engagiert und echten Kontakt zu Ihnen wünscht.

Wenn er immer wieder den Kontakt sucht, gerade wenn Sie dabei sind, sich emotional von ihm zu lösen und vor der Entscheidung stehen, den Kontakt abzubrechen, dann haben Sie bereits die schmerzhafte Dynamik, die heute manchmal auch als Benching oder Breadcrumbing bezeichnet wird, verinnerlicht. Jedes Mal erleben Sie durch die Zurückweisung eine Verletzung. Es gibt keinen Grund, weshalb Sie sich dieser immer wieder aussetzen müssten. Es gibt auch keinen Grund, warum diese Dynamik in einer Beziehung anders verlaufen würde – außer, dass sie noch schmerzhafter wäre für Sie.

Sie schreiben, Sie glauben, er habe Angst seine Freiheit zu opfern … Damit liegen Sie ziemlich sicher richtig. Nach Ihrer Beschreibung ist Ihr Kontakt ein extrem vermeidender Bindungstyp. Doch auf sein Bindungssystem haben Sie keinen Einfluss. Worauf Sie aber Einfluss haben, das ist Ihr Bindungsverhalten. Und das fühlt sich ganz offenbar von einem abweisenden Mann extrem angezogen.

Ich bedaure, dass ich keinen für Sie zunächst erfreulicheren Rat habe, doch mittel- und langfristig sind Sie ganz sicher besser beraten, Ihr Herz frei zu machen für einen Menschen, der an Ihrer Seite sein möchte, als nach Wegen zu suchen, einen Mann, der das nicht will, von sich zu überzeugen.