unerhört: Bin ich zu egoistisch, wenn ich meinen Freiraum benötige?

Antwort: Aus dieser Forderungs-Rückzugs-Dynamik kommen Sie nur raus, wenn Sie beide Ihre Verhaltensweisen ändern.

Nach Ihrer Schilderung haben Sie und Ihr Partner ein unterschiedliches Nähe-Distanz-Bedürfnis und möglicherweise auch ein entgegengesetztes Bindungsverhalten, das immer wieder zu erneuten Forderungs-Rückzugs-Dynamiken und Konflikten führt.

Mein Eindruck ist, dass Sie bereits oft und gut und detailliert über die Situationen gesprochen haben, die bei Ihnen und bei ihm die jeweiligen Verhaltensweisen triggern und offenbar auch, woher dies kommen mögen. Dennoch überwiegt der Wunsch nach gegenseitiger Veränderung das gegenseitige Verständnis. Sie fragen, was Sie tun können, wenn Sie beide erneut über Ihre Unterschiedlichkeit sprechen können: 

• Hören Sie auf, sich gegenseitig ändern zu wollen. Das wird nicht klappen. Seine Bedürfnisse haben denselben Wert wie die Ihren und umgekehrt. Sie müssen möglicherweise lernen, mit diesem unlösbaren Konflikt umzugehen.
• Sie sprechen miteinander (so klingt es zumindest für mich), um sich gegenseitig zu überzeugen mit Argumenten. Um die geht es aber nicht. Es geht um Gefühle, um Wünsche nach Nähe, nach Distanz. Sie zerreden möglicherweise Ihr Problem und machen es dadurch größer.
• Suchen Sie sich externe Unterstützung, die Ihnen mit Übungen und Interventionen nicht nur kognitiv greifbar, sondern auch fühlbar macht, wie sehr Ihre Bedürfnisse sich ähneln: Sie wollen einander nicht verlieren) – aber wie unterschiedlich Ihre Strategien dafür sind: er fordert, Sie ziehen sich zurück bzw. Sie fordern, er zieht sich zurück. Denn langfristig benötigen Sie beide die Gewissheit, dass Ihre Bedürfnisse erfüllt werden in Ihrer Beziehung.
• Sie fragen, wie Sie ihm verständlich machen können, dass er an sich arbeiten muss. Eine Paar-Dynamik wie Ihre entsteht allerdings ausschließlich durch die Verhaltensweisen beider Partner. Es genügt nicht, dass er an sich arbeitet. Wenn Sie eine Veränderung wünschen, müssen Sie sich beide fragen: Was bin ich bereit zu ändern? Vielleicht ist das ein Gesprächsthema für Sie, das Sie weiter bringt als das Ringen um das „Recht haben“.