Zwei Menschen begegnen sich auf der Straße. Er, sie, sie, er – beide kennen sich nicht, aber zwischen ihnen ist sofort ein ganz besonderes Band zu spüren, die Einleitung zu einer langen Geschichte, Liebe genannt, die, wenn wir ein bisschen Glück haben, für immer hält. Oder halt, bis wir uns nicht mehr lieben.
Geschichten wie diese hier findet man im Fernsehen zuhauf. Im wahren Leben sind sie jedoch rar und fragt man mal in seinem Bekanntenkreis gibt es jenseits der 30 fast niemanden mehr, der sich auf klassischem Wege kennengelernt hat (vorher hießen die üblichen Verdächtigen noch „Uni“, „Sport“, „Job“, aber auch da wird man ja irgendwann sesshaft und lernt keine neuen Leute mehr kennen). Je älter wir werden, desto häufiger sehen wir uns auf den gängigen Online-Portalen um und lassen uns digital verkuppeln. Nichts anderes ist es ja im Prinzip, was die Matching-Verfahren der Dating-Portale, die so Gemeinsamkeiten abchecken sollen für uns tun.
Ich habe mich online schon mehrfach „selbst verkuppelt“. Mal mehr, mal weniger erfolgreich, meistens jedoch zumindest mit einigermaßen Spaß und Freude an der Sache, ohne große Peinlichkeiten und mit der nötigen Entspanntheit. Anders war es, als mich eine Freundin letztes Jahr fragte, ob sie mich einem ihrer Freunde vorstellen dürfe. Jan, ziemlich hübsch, ziemlich smart und lustig, würde immer wieder an die falschen Frauen geraten, warum auch immer.
“Alle blickten auf uns und hofften, dass es funkte”
Als ich Jan auf dem Geburtstag meiner Freundin kennenlernte, hätte ich wirklich gern alles gegeben, nicht eine der üblichen “falschen Frauen“ für ihn zu sein, aber leider kam es dazu erst gar nicht: Mir war es so unangenehm, dass alle um mich herum scheinbar zu wissen schienen, dass wir beide an Ort und Stelle verkuppelt werden sollten, dass ich eine ganz andere Person war, als ich sonst bin.Ein bisschen wie mein 6-jähriges Ich während der Einschulung, unsicher, fast schüchtern und so verließ ich die Geburtstagsparty, ohne auch nur einen einzigen Satz mit Jan gewechselt zu haben. War wohl eher eine eher kurze Romanze zwischen uns.
Nicht nur Mütter verkuppeln, auch Radiosender
Auch Nadine, die über einen österreichischen Radiosender verkuppelt werden sollte, hatte nicht mehr Glück als ich:
„Ich habe per Radio einen Aufruf gehört, in dem gefragt wurde, wie man sich als Single in der Corona-Zeit fühlt. Der Beitrag ging dann plötzlich in eine andere Richtung, die Redaktion hat mich alles Mögliche gefragt und meinte dann irgendwann, ob sie daraus auch einen anderen Beitrag machen dürften und ob sie, falls sich jemand daraufhin bei mir melden möchte, meine Kontaktdaten rausrücken dürften. Ich hatte zu dem Zeitpunkt absolut keine Ahnung, dass ich verkuppelt werde. Als ich dann verstand, was da los war, war mir das sehr unangenehm, weil ich damit unfreiwillig in der Öffentlichkeit stand. Das hatte ich vorher nicht so gewollt.
Eigentlich habe ich kein Problem damit, verkuppelt zu werden – zumindest nicht, wenn dies über Verwandte oder Freunde geschieht. Mich kennen zu Hause viele und die Leute haben sich darüber lustig gemacht, weil alle wissen, dass ich noch Single bin. Mir geht’s damit übrigens auch ganz gut, sonst wäre ich nicht Single. Einen Bewerber habe ich tatsächlich auch getroffen und wir hatten ein Date.
Ich wurde dann „geghosted“, wie man das ja heute wohl zu machen scheint. Der Radiosender hat mich später noch mal kontaktiert und nachgefragt, ob ich durch die Aktion jemanden gefunden hätte. Was denken die denn: dass man sich trifft, sich sympathisch ist und deshalb sofort zusammen ist? So einfach ist das doch nicht. Vielleicht bin ich auch zu wählerisch und für andere ist es einfacher – ich bin ziemlich kritisch und es dauert, bis ich mich verliebe. Verkuppeln fühlt sich für mich so an, als würde man in einen Laden gehen und sich Liebe kaufen wollen. So geht das halt nicht.“