Denn das Bild, das wir beim Date von uns präsentieren, ist die durchoptimierte, gepimpte Premiumversion unseres normalen Ichs: mit abgefahrenen Spezialeffekten! Unser Dating-Ich ist witzig, schlagfertig, charmant und unterhaltsam, wahlweise ein extrem guter Zuhörer, interessierter Nachfrager und eine Witzeschleuder. Selbstredend sehen wir auf jedem Winkel betrachtet blendend aus. Dass dahinter stundenlange Vorbereitungen liegen? Geschenkt!
Unser Dating-Ich sieht es total locker, wenn der andere sich verspätet, irgendwelche exotischen Allergien hat, weswegen das eigentlich ausgesuchte Restaurant leider nicht in Frage kommt, man dann eine halbe Stunde durch den Regen laufen muss und er am Ende auch noch getrennt zahlen will – no problem! Nachts sind alle Katzen grau und alle Singles auf einem viel versprechenden Date die verständnisvollsten Menschen der Welt.
Es geht ja schließlich um etwas.
Und genau das ist der Punkt. Es geht um uns: unsere Wünsche, unsere Hoffnungen, unser Leben. Unsere Vorstellungen von einem gelungenen Date. Doch viel zu oft und schnell schieben wir das zur Seite. Denken nicht an uns. Sondern vor allem und immer wieder daran, was unser Date denkt: Was würde ihm gefallen? Wie findet sie es, wenn ich mich so und so verhalte? War das gut oder schlecht, als er über den Witz so laut gelacht hat? Und was, wenn er niemals mit einer Frau etwas anfangen würde, die Basketball abgrundtief hasst?
Beim Date authentisch bleiben
Ja, was? Dann würde es vielleicht nichts werden mit uns. Schade. Oder aber: Er würde merken, mit welchen Vorurteilen er so durchs Leben rennt – und hätte die Chance, sie zu revidieren. Welch’ großartige Kennenlern-Geschichte das wäre: „Als sie sagte, wie sehr sie Basketball hasst, war es um mich geschehen.“
Doch meist kommt es gar nicht dazu, denn die Sucht zu gefallen verzerrt das Bild von uns. Der Andere lernt ja nicht wirklich uns kennen, sondern unser gepimptes Dating-Ich. Wir verbiegen uns für unser Date, ohne zu wissen, ob es überhaupt etwas nutzt.