Konkurrenzkampf findet überall statt. Auch bei der Partnersuche. Ein Bericht aus der Kriegszone Speed-Dating
Ich war gerade aus beruflichen Gründen Beobachter einer Speed Dating-Veranstaltung. Zwölf Männer und zwölf Frauen. Zeitlimit vier Minuten. Wenn Jungs und Männer um Mädchen und Frauen im Schnelltempo balzen, dann hat das schon viel vom archaischen Auswahlprogramm. „Was machst du? Wo siehst du dich in fünf Jahren? Wo in zehn? Welche Ziele möchtest du erreichen? Kannst du mit einem Wagenheber umgehen? Ein WLAN einrichten?“ Jeder Mann hat solche Fragen bei einem ersten Date bereits gehört und sich gefühlt wie bei einem Vorstellungsgespräch. Und sitzen hier die Mitbewerber gleich am Tisch nebenan und wünschen dir, dass du eine möglichst lasche Figur abgibst. Das sorgt für Stress. Nach meinen Beobachtungen vor allem bei den Männern. Die Frauen sind schließlich hier die Ringrichter.
Menschen konkurrieren überall miteinander. Um Ressourcen, um Leistungen, um Anerkennung und auch um Liebe. Zwar muss wahre Zuneigung nicht verdient werden, doch die Evolution kennt nun mal keine Romantik, sondern nur die – vorgeblich – beste Kombination an Erbgut. Wenn Frauen ihre Partner nach verschiedenen Kriterien abklopfen, dann testen sie, ob er als Vater für gemeinsame Kinder in Frage käme. Selbst wenn Familiengründung gedanklich noch ganz weit weg ist, dieses Auswahlprogramm beeinflusst die Partnersuche auch bei modernen Großstädtern. Das spüren Männer schon sehr früh, wenn sie sich bereits als Jungen miteinander messen und angehalten werden, das zu tun. Natürlich geht es auch um Erfolge in der Gruppe und als Team, aber da ist die Erkenntnis bereits gesetzt: Mann, du musst in irgendwas der Beste sein, mit etwas aus der Masse herausragen, damit du eine tolle Frau von dir überzeugen kannst. Deshalb ist ein Speed-Dating auch gerne mal laut. Weil Mann sich gegenseitig übertönen möchte.
Aber stimmt es heute noch, dass Frauen einzig auf den Anführer stehen? Nun, nicht unbedingt. Wir wissen heute, dass die Beziehung der Eltern eine große Rolle spielt, welche Verhaltensweisen wir von unserem Partner erwarten: So, wie sie sich für uns vertraut anfühlen. Also wie unsere Eltern oder Bezugspersonen sich verhielten. Allerdings ist da durchaus ein stammesgeschichtliches Erbe übrig: Forschungen haben gezeigt, dass Frauen – gerade beim Speed-Dating – wenn sie einen Raum betreten, sofort erfassen, welcher Mann dort die Alpha-Position innehat. Dies machen sie über seine Körperhaltung aus, wie viel Platz er beansprucht und wie andere Männer sich ihm gegenüber verhalten. Er hat sofort einen Bonus gegenüber den anderen Kandidaten. An dem Klischee, alle Cheerleader wollen den Quaterback, ist demnach immer noch etwas dran. Konfliktverhalten, Kommunikationsstil, Humor – alles wichtige Qualitäten. Sieger zu sein – oder sein zu können – aber ebenso. Frauen wählen nicht gerne den Zweitbesten.
Tatsächlich gab es an diesem Abend die eine Frau, die alle Männer favorisierten, bei der jeder ankreuzte, er würde sie gerne wiedersehen. Da zeigte sich auch eine schöne Dynamik: Je mehr Männer sich für sie interessierten, umso begehrenswerter wurde sie. Am Ende hätte sie zwölf Dates haben können. Alle anderen lagen so bei zwei bis drei. Sie übrigens entschied sich gegen alle Kandidaten, so dass nur zwei Paarungen in der B- und C-Liga zusammenkamen. Alles zweite Wahl, entsprechend wenig euphorisch fühlten die sich. Die Männer, die kein Match hatten, also nicht zu einem Date eingeladen wurden, gingen sich übrigens nach der Veranstaltung nicht prügeln, sondern gemeinsam noch einen trinken und ich vermute, sie werden dabei erneut ihre Eroberungskünste gemessen haben.
Männer sind sich jederzeit durchaus bewusst, dass sie konkurrieren, denn das ist genetisches Programm. Das klingt nach andauerndem Stress. Kann aber sogar Spaß machen, ebenso andere sportliche Wettkämpfe. Denn wir Menschen haben es im Vergleich nicht so schlecht getroffen. Schauen Sie sich manche Bienen an. Vergessen Sie die Geschichte mit den Blumen. Denken Sie eher an Game of Thrones. Es gibt beispielsweise ein Bienenvolk, dessen frisch geschlüpften Männchen sich so lange bekämpfen, bis am Ende nur eines am Leben ist, mit dem sich dann die neue Königin paaren darf.
Dagegen ist Speed-Dating doch ein echter Spaß.