Wenn der Wunsch nach Liebe unglücklich macht

In der Beratungsarbeit mit Betroffenen aus emotionalen Abhängigkeiten geht es um Glaubenssätze und Wertevorstellungen, die früh entstanden sind und die hinterfragt werden – und verändert – werden können. Dazu gehört, sich dem Widerstand zu stellen, der sich bei manchen Gedanken auftun mag. Glaubenssätze bilden die Struktur unserer Wahrnehmung, sie geben uns Sicherheit, sie sorgen aber auch dafür, dass wir ausblenden oder ablehnen, was sich nicht richtig anfühlt. Viele Glaubenssätze haben wir übernommen, weil sie uns gespiegelt wurden. Aus Sprüchen wie „Du bist nicht wertvoll/schön/brav genug“, kann leicht der Glaubenssatz „Du musst dir Liebe verdienen“, entwickelt werden. Diese Verlustangst sorgt dann dafür, dass sich Betroffene so klein und unzulänglich fühlen, dass sie ihren Partnern unter großen Anstrengungen und Opfern immer wieder beweisen wollen, wie liebenswert sie sein können.

In der Beratung höre ich von unglücklich Verliebten oft Sätze wie: “Er/sie ist mein Seeleverwandter. Er/sie weiß es noch nicht. Wie kann ich ihn/sie davon überzeugen?” Oder: “Er/sie liebt mich. Ich kenne ihn/sie besser als er/sie sich selbst.” Sicher ist das manchmal im Schmerz dahingesagt. Doch streng genommen fehlt dahinter die Freiwilligkeit der Liebe. Eher steckt dahinter sogar ein Wunsch nach Kontrolle über einen anderen Menschen, wenn auch verkleidet in ein romantisches Gewand. Doch ist das eine Erlaubnis, jemand zu einem vermeintlichen Glück „zwingen“ zu wollen? Wäre es umgekehrt: Wer würde akzeptieren, gegen seinen Willen „verliebt“ zu werden?

Im Grunde ist es egal, ob Sie diese Dynamik mit einem Dualseelen- oder dem Bindungsmodell erklären, solange Sie sich bewusstmachen können, dass dies niemals eine Beziehung auf Augenhöhe werden kann, die Sie da gerade anstreben. Dass Sie sich geradezu in eine emotionale Abhängigkeit begeben, die Sie unglücklich machen wird. Solch schmerzhafte Erfahrungen und ein gebrochenes Herz können neue Beziehungen schwierig oder sogar unmöglich machen.


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