Er steht auf mich. Oder etwa nicht?
Denn natürlich passiert auch das. Menschen brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung – die einen weniger, die anderen eben mehr. Und wenn der Vorrat durch lange Solo-Phasen oder wenig sozialen Kontakt dringend aufgefüllt werden muss, sucht man sich eben Bestätigung, wo man sie finden kann. Ohne dass man sich für den derzeitigen Ego-Streichler wirklich interessiert oder permanenten Kontakt wünscht. „Er interessiert sich aber schon für mich“, wirft Leonie ein. „Wenn wir uns treffen, fragt er immer viel und zeigt auch so, dass er mich wirklich kennenlernen möchte. Also, dass das nicht nur eine beliebige Nummer für ihn ist.“ Ich vertraue auf Leonies Intuition. „Gut, dann hat er entweder eine Freundin, Bindungsangst oder braucht einfach viel Raum für sich und sein restliches Leben.“
Die Frage nach der Perspektive
Ab hier kommen wir nicht weiter. Denn wenn ansonsten wirklich alles stimmt, beißt man sich die Zähne aus an der Frage, warum der andere immer wieder auf Abstand geht und die Date-Frequenz nicht erhöhen möchte. Egal, ob er gerade beruflich und privat viel um die Ohren, eigentlich Frau und Kinder oder sonst irgendein dunkles Geheimnis hat: Durch reines Kopfzermartern wird man aller Wahrscheinlichkeit nach nicht dahinter kommen. „Es gibt nur eine Sache, die du tun kannst, Leo“, rate ich meiner Cousine, die sich gerade das nächste Glas geangelt hat. „Wenn du das Gefühl hast, dass ihr euch gerade nah seid, sprich mit ihm darüber. Setz ihm nicht das Messer auf die Brust, aber frag ruhig geradeaus, ob er sich vorstellen könnte, dass sich das mit euch weiterentwickelt. Wenn er nur rumstottert: arrividerci. Wenn er ja sagt, gib ihm Zeit. Aber vergeude dabei nicht deine eigene.“