Schluss mit den Liebesmärchen!

Warum Schneewittchen in Wahrheit vielleicht todtraurig war und es den perfekten Traumprinzen nicht gibt

Es war einmal… ein Märchen über die ganz große Liebe. Über das Suchen und erfolgreiche Finden und das “sie lebten glücklich und zufrieden bis in den Tod”. Doch Moment: Was genau ist eigentlich dazwischen passiert? Wie ging die Geschichte überhaupt weiter, nachdem Rapunzel ritterlich aus ihrem Turm befreit und vielleicht auf ein Glas Sekt ausgeführt wurde? Und hier ist der Punkt: Man weiß es nicht. Weil es einem nie jemand erzählen konnte, weil es ganz einfach nirgends geschrieben steht. Diese Storys haben ein Loch und das vermutlich aus sehr gutem Grund. Wer kann denn sagen, dass Schneewittchen ihr Leben lang glücklich, war? Vielleicht war ihr Königssohn am Ende nur ein artistisch begabter Zwerg auf Stelzen und sie bis ans Ende maßlos enttäuscht? Vielleicht weckte der Kuss Dornröschen nur deshalb aus dem hundertjährigen Schlaf, weil ihr Prinz zuvor einen Döner „mit alles“ verschlungen hatte? Mit Sicherheit jedenfalls waren auch diese Edelmänner nicht perfekt.

Märchen vs. Mathe

Und warum? Weil es den perfekten Partner nicht gibt, egal ob Prinz oder Prinzessin. Okay, vielleicht gibt es ihn doch irgendwo auf der Welt – dann aber ist die Chance, ihn a) überhaupt und b) dann auch noch mitten ins Herz zu treffen, so verschwindend gering, dass man es eigentlich auch gleich sein lassen kann mit der nervenaufreibenden Sucherei. Die gewonnene Zeit könnte man nämlich auch wunderbar in etwas Sinnvolleres investieren. Zum Beispiel ins Überdenken der eigenen Ansprüche oder in Mathematik. Eine einfache Beispielrechnung, um die bittere Realität zu untermauern:

Angenommen, Sie sind die einsame Königstochter um die dreißig und wohnen in einer großen deutschen Stadt. Angenommen, es ist Berlin. Hier leben dreieinhalb Millionen Menschen, darunter 800.000 Erwerbstätige zwischen 25 und 45 Jahren, etwa die Hälfte davon männlich. Bleiben 400.000 potentielle Prinzen auf dem weißen Pferd, von denen leider ca. 50 Prozent bereits vergeben sind und wiederum zehn Prozent vorzugsweise auf knackige Königspopos gucken. Eine relativ harmlose Einbuße, schließlich gilt Berlin mit seiner überdurchschnittlichen Zahl an Single-Haushalten als Hauptstadt der Partnerlosen. Unterm Strich bleiben also 180.000 heterosexuelle Männer ohne anderweitige Bindung, die im passenden Alter sind und in der richtigen Stadt einem Job nachgehen. Bis hierhin nur ein grobes Raster, in dem all diejenigen hängenbleiben, die die Grundvoraussetzungen erfüllen. Doch jetzt kommt sie ja erst zum Einsatz, die große „Ich backe meinen Traummann“-Wunschliste.

Haushohe Ansprüche…

Ein ordentliches Einkommen ist Ihnen wichtig, besonders mit Blick auf die Familienplanung? Konzentrieren wir uns also nur auf das bestverdienende Drittel und landen damit bei 60.000. Und jetzt: Streichen Sie großzügig, denn der nächste Ausschlussfaktor heißt Attraktivität. Laut der amerikanischen Partnervermittlungs-Plattform OK Cupid bewerten Frauen von 100 Männern nur etwa 20 als durchschnittlich bis überdurchschnittlich körperlich anziehend. Doch weil die verbliebenen 12.000 Berliner den Prinzessinnenturm ja vermutlich nicht bloß mit strahlender Schönheit erklimmen können, sollte die tolle Optik bestenfalls mit einem umwerfenden Charakterprofil um die Ecke kommen. Sie legen Wert auf Ehrlichkeit? Wünschen sich einen intelligenten, familiär veranlagten Mann, der auch von selbst mal anpackt, Sie mit Aufmerksamkeiten überrascht, Humor hat und im Bett vor lauter Leidenschaft Funken schlägt? Realistisch betrachtet sollten Sie mit jeder Eigenschaft lieber gleich um die Hälfte reduzieren, bevor Sie später so enttäuscht sind wie Schneewittchen nach dem Stelzen-GAU.

…mickrige Auslese

Haben Sie mitgerechnet? Von dreieinhalb Millionen Menschen bleiben nach diesem – zugegebenermaßen relativ groben – Überschlag genau 93,75 potentielle Wachküsser ohne den sinnbildlichen Zwiebelatem. Und das in der bevölkerungsreichsten deutschen Stadt. Selbst wenn man eins dieser männlichen Weltwunder nun aufspürt, sei es bei einem Caffè Latte im Park oder durch eine Online-Kontaktbörse, ist eins noch lange nicht gesagt: Dass man es andersrum auch in seine finale Auswahl geschafft hat. Zumindest hier besteht jedoch noch Hoffnung, da Männer im Vergleich zu Frauen bei der Partnerwahl weniger auf konkrete Eigenschaften eingeschossen sind. Und damit sind sie nicht etwa anspruchslos, sondern den einsamen Märchenprinzessinnen einfach ein ganzes Stück voraus.


Weitere interessante Beiträge