Ohne Selbstliebe keine erfüllte Beziehung? Blödsinn!

Man hört es immer wieder: Du musst dich erst selbst lieben, bevor du deinen Partner lieben kannst. Unsere Autorin erklärt, wieso das in ihren Augen Quatsch ist.

Vor einiger Zeit, berichtete mir meine Bekannte Andrea am Telefon von einem heftigen Streit mit ihrem Mann (worum es ursprünglich ging, war so harmlos, dass ich es schon wieder vergessen habe): “Da ist er komplett ausgerastet und hat mich mit Schimpfwörtern bombardiert. Auch mein Lieblingstablett musste dran glauben. Er hat es einfach auf den Boden gepfeffert. Ich war total schockiert und die nächsten Tage waren gelaufen.” Sie schließt das Thema ab mit: “Na ja, ist natürlich meine Baustelle. Da muss ich noch mehr in die Selbstliebe kommen, damit mich das nicht immer so umhaut.”

Bitte? Hatte sie das jetzt wirklich gesagt?! 

Selbstliebe ist in aller Munde  

Sprüche und Texte über Selbstliebe finden sich als Tatoo an der Wand, auf Postkarten sowie nahezu omnipräsent auf sämtlichen Social-Media-Plattformen. Und vielleicht kommt auch dir der Drang bekannt vor, du müsstest nur noch diesen psychologischen Ratgeber lesen und jenen Mindset-Podcast hören … Und das YouTube-Video mit den Affirmationen hier, das speicherst du dir mal fürs Wochenende ab!  

Schließlich willst Du endlich mal ankommen in dieser allseits propagierten Selbstliebe. Denn dann, ja dann wird alles gut: Partnerschaft gut. Familie gut. Job gut. Leben gut.  

Wenn’s nicht läuft, liegt‘s daran 

Solange es noch nicht gut ist und du z.B. mit einer Beziehungskrise zu kämpfen hast oder schon länger unfreiwilliger Single bist, dann muss es wohl daran liegen. An der Selbstliebe bzw. an deinem Mangel dieser. Also wieder rein ins Hamsterrad der Persönlichkeitsentwicklung und weiter im Selbstoptimierungsprogramm.  

In den Print- und Online-Medien flattern uns tonnenweise Titel und Überschriften entgegen, die suggerieren: “Mit mehr Selbstliebe würde dir das nicht passieren” oder “Wenn du dich selbst genug lieben würdest, kämst du mit XYZ klar.”

Hier werden ein erster Widerspruch und ein leichtes Unbehagen spürbar: Der Ruf nach mehr Selbstliebe hört und fühlt sich nämlich oft so gar nicht nach einem freundlichen und liebevollen Umgang mit sich selbst an, sondern nach Anstrengung und Druck. 

Der Selbstliebe-Mythos 

Dennoch setzt sich der Selbstliebe-Trend ungebrochen fort und mit ihm die Verbreitung eines schuld- und stressbesetzten Irrglaubens: Ohne Selbstliebe wird dir nie eine erfüllte Partnerschaft vergönnt sein!  

Dass dieser Mythos in seiner Ausschließlichkeit nicht der Realität standhält, erkennst du, sobald du dich mal bewusst in deinem Umfeld umschaust. Da gibt es mit Sicherheit Paare, von denen du sagst: “Die leben eine gute Beziehung, die im Großen und Ganzen von Respekt und einem liebevollen Miteinander geprägt ist.”


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