Nur nicht unter meinem Niveau!

Wir sehnen uns nach etwas Besserem und bekommen doch immer nur das Gleiche? Warum es gut ist, nicht nur nach dem hellsten Stern Ausschau zu halten, erklärt beziehungsweise-Autorin Christiane Lénard.

Die mögliche, aber unwahrscheinliche Einladung auf den Ball im Königshaus

Denn apropos Gelegenheitsstrukturen: Die Sache mit Cinderella ist immer noch höchst unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Denn wenn wir nun eigentlich gar nicht mehr nur in unseren Kreisen verkehren (müssten) und Zugang zu anderen Gruppen und Gesellschaftsschichten haben (z.B. bei der Onlinepartnersuche), dann wäre theoretisch die Bahn frei für die Professorin und den Handwerker. Oder den Prinzen und Aschenputtel. Aber! Doch was ist, wenn Aschenputtel auf den Ball im Königshaus eingeladen werden würde, weil dem Adelshaus die Sache mit der Gesellschaftsschicht schnurz piep egal ist?

Wir erinnern uns, im Märchen hatte sie eben keine Einladung, konnte sich aber – in ein schönes Ballkleid gehüllt – auf den Ball einschmuggeln. Somit hätte dieses einfache Mädel die Gelegenheit, den Prinzen kennenzulernen. Und doch würde er vermutlich recht schwer mit ihr ins Gespräch kommen. Und noch schwerer im Gespräch bleiben. Was sollte die beiden auch verbinden? Das geht eben doch nur im Märchen. Aber die hören bekanntlich auf, wenn die Hochzeitsglocken läuten und der Ernst des Ehelebens beginnt.

Warum es aus psychologischer Perspektive besser ist, einen ähnlichen Partner zu wählen

So gern wir auch an diese Märchen glauben möchten, die beiden hätten es schwer zusammen. Wie schon erwähnt, gibt es deutlich mehr gute Gründe für eine starke Anziehungskraft zwischen ähnlichen Interaktionspartnern. Menschen bevorzugen laut der Balancetheorie harmonische Zustände. In der Fachsprache heißt es, wir haben ein starkes kognitives Konsistenzbedürfnis. Haben mein Partner und ich ähnliche Einstellungen, müssen wir uns darüber weniger streiten. Da ein ähnlicher Partner weniger Stress verspricht, wählen wir diesen bevorzugt. Eine stressfreiere Interaktion wird zudem eher als angenehm und belohnend empfunden. So lernen wir, im Sinne des Reinforcement-Affect-Modells über den Weg der Konditionierung (Verstärkung – Annäherung – Attraktion): Ähnlicher Partner – weniger Stress – mehr Spaß.

Rationale Wahl eines angemessenen Partners

Aber wir müssen anerkennen, dass die Möglichkeiten einen Prinzen oder eine Prinzessin kennenzulernen, nie besser waren als heute. Also die Chancen stehen – abgesehen von den dagegensprechenden psychologischen Gründen – prinzipiell nicht schlecht, einen Partner zu finden, der anders und vielleicht sogar „etwas Besseres“ ist als ich. Oder was ist dagegen einzuwenden?

Nähern wir uns der Sache rationaltheoretisch, kann die Partnerwahl eine normativ-wertrationale oder eine zweckrationale Grundlage haben. „Normative Vorstellungen bezüglich einer angemessenen, gesellschaftlich akzeptablen Paarbeziehung gehen dabei sehr oft mit Ähnlichkeit der Partner in Bezug auf kulturelle Eigenschaften wie Wertvorstellungen und religiöse Überzeugungen oder einer vergleichbaren gesellschaftlichen Stellung einher“ (Kossow, 2019). Also auch hier kommen wir um Ähnlichkeit nicht herum. Allerdings hat die Bindungswirkung solcher normativen Vorstellungen heute stark nachgelassen. Für die Wahl des Partners spielen sie in Deutschland nur noch eine untergeordnete Rolle.


Weitere interessante Beiträge