Jagdtrieb? Wir sind doch nicht im Wald

Was dabei jedoch auf der Strecke bleibt wie Meister Lampe, wenn er einen Haken zu wenig schlägt: das eigene Begehren. Die eigenen Sehnsüchte. Die Entscheidungsfreiheit. Die Lust. Wieso sich selbst bereitwillig zur „Beute“ erklären, die gejagt werden soll? Hat mal jemand auf die Uhr geschaut? Haben wir noch 1950?

Zum Glück nicht. Und trotzdem passiert es nicht eben selten, dass uns eine Freundin erklärt, ihre „Taktik gehe auf“. Sie lasse ihn noch eine Weile im Unklaren darüber, ob und was sie von ihm will. Wenn man fragt „Und wie fühlst du dich dabei? Du magst ihn doch auch?“ erntet man Schulterzucken. So laufe das eben. Das Wort Jagdtrieb muss dabei nicht einmal fallen.

Und dann gibt es da diese Freundin, die auf das Ganze Gedöns mit Jäger und Gejagtem pfeift. Die dem Mann, den sie vor drei Wochen kennen gelernt hat, nicht unter fadenscheinigen Gründen absagt, wenn sie ihn treffen will. Die ihn trifft, wann sie Lust hat – jederzeit abrufbereit ist sie trotzdem nicht, denn sie hat ihr eigenes Leben, in dem auch so schon genug los ist.

Sie hat in dem Moment Sex mit diesem aufregenden Typen, wenn sie für sich entschieden hat, dass es richtig ist. Wenn sie merkt, sie fühlt sich gut, wenn sie zusammen sind. Stark. Und schwach. Sexy und begehrenswert. Einfach gut. Weil sie merkt: Da passiert etwas zwischen uns. Wieso sollte ich das ignorieren? Deshalb signalisiert sie ihm, dass sie ihn heiß findet. Mit Worten. Mit Blicken. Mit einer Umarmung, die nicht als kumpelig missverstanden werden kann.

Wird sie dadurch weniger begehrenswert? Langweilig? Im Gegenteil. Statt die festgefahrenen Spiele zu spielen, klinkt sie sich einfach aus. Und schaut nach, wie es mit der Augenhöhe aussieht. Sie glaubt daran, dass es keine starren Regeln braucht, wenn Zwei sich wollen. Dass das Lustprinzip entscheidet, nicht der Jagdtrieb.

Und ja, es erfordert Mut, nicht nur die Klamotten, sondern auch die eigenen Zweifel („Was wird er denken?“) abzulegen. Doch nur so kann man erleben, wie unglaublich sexy es ist, wenn sich beide offen und klar signalisieren: Ich will dich.