Der Glaube an die Liebe auf den ersten Blick ist kein Problem. Entscheidend ist, ob jemand die Liebe auf den ersten Blick erwartet. Dies ist dann eine extrem schicksalsorientierte Definition der Liebe. Nach dieser muss es „richtig knallen, sonst taugt es nichts“. Diesen Menschen gegenüber stehen jene, die wachstumsorientiert die Liebe erleben. Sie sagen: „Liebe wächst aus Freundschaft, Vertrauen und Geborgenheit.“ Treffen diese unterschiedlichen Wahrnehmungen aufeinander, wird es ganz besonders spannend, weil sie aus solch tiefen Überzeugungen entstehen, dass sie nicht kompatibel sind.
Denn wer schicksalsorientierte Erwartungen an die Beziehung hat, der kollidiert mit den Erwartungen desjenigen, der wachstumsorientiert geprägt ist. Aufgrund der eigenen Überzeugungen, wie Liebe „abläuft“, können sich solch extrem gegensätzliche Partner schwerlich ernst nehmen. Oft fühlen sie sich sogar verfeindet. Sagen Sie einem wachstumsorientierten Menschen nach dem ersten Date: „Du bist mein Seelenverwandter“, dann ist der sofort im Fluchtmodus, denn er hält sie für oberflächlich, womöglich dumm oder naiv. Und umgekehrt? Ein „Ich brauche noch etwas Zeit, um meine Gefühle auszudrücken“, bricht dem schicksalsorientieren Menschen nach einem frühen Liebesgeständnis das Herz, er fühlt sich betrogen von dem anderen und seinen Emotionen.
Manche schicksalsorientierte Singles kennen die Liebe auf den ersten Blick nur aus Erzählungen, sie selbst klagen meist, dass es ihnen schwerfällt, sich überhaupt zu verlieben, sich fallen zu lassen, die Kontrolle abzugeben. Nicht immer, aber häufig, ist das Warten auf das Schicksal eine Schutzstrategie, um Nähe zu verhindern, weil die Angst vor Enttäuschung so groß ist. Ursachen können im Elternhaus liegen, vielleicht war die Beziehung schrecklich und schmerzhaft und das möchte man selbst keinesfalls erleben. Vielleicht gab es auch in der Vergangenheit eine schlimme Trennung – beispielsweise nach einer Beziehung, die als die ganz große Liebe erlebt wurde.