Inside PUA: Ein Pick-up-Artist packt aus

Pick-up-Artists sind die Casanovas des neuen Jahrtausends. So sehen sich viele von ihnen zumindest selber. Handelt es sich bei diesen „professionellen Verführern“ um perfide Manipulatoren, die die Herzen der Frauen reihenweise brechen? Wir lassen einen von ihnen anonym zu Wort kommen. Ein brutal ehrlicher Erfahrungsbericht und zugleich eine Reise in die dunkle Nacht

01:23 Uhr – Aufgewärmt

Für Daniel wird diese Nacht zum Start-Ziel-Sieg. Um etwas nach 1 Uhr verlässt er mit seiner neuen Bekanntschaft den Club und wird mir sicher am nächsten Abend erzählen, was noch gelaufen ist.

Es gibt bei uns beiden eine eiserne Gentleman-Regel, die ein wenig einem Beipackzettel in einer Medikamentenschachtel ähnelt: Wir klären unsere Flirts vollumfänglich über unsere Absichten auf – wenn sie uns offen danach fragen (es liest sich ja schließlich auch nicht jeder den Beipackzettel durch). Ohne Ausnahme.

Ich verabschiede mich vom Dreier-Set und lasse ein glückliches Mädel (mit meiner Nummer) und zwei unglückliche (ohne meine Nummer) zurück. Mich zieht es noch in einen nahegelegenen weiteren Club. Dort gibt es ein paar ruhigere Räume, in denen man sich besser miteinander unterhalten kann. Ich necke mal hier eine Frau, mal dort. Tanze, habe Spaß. Quatsche mit ein paar Typen, lerne neue Leute kennen. Ich liebe das.

Und irgendwann habe ich wieder Lust auf weibliche Gesellschaft. Ich lasse meinen Blick im Raum schweifen, entdecke eine richtig heiße Frau, die sich gerade offenbar vom stundenlangen Tanzen erholt. 3, 2, 1, und go! Ich geselle mich zu ihr. Sie behandelt mich harsch, kalt, abweisend. Ich weiß innerlich: Sie testet mich. Bleibe ich standhaft, ohne aufdringlich zu sein? Ich kenne das Spiel, das attraktive Frauen oft bis zur Perfektion beherrschen. Ich spiele es mit – und ich gewinne. Der Panzer reißt ein, das Eis schmilzt. Sie lächelt. Sie lacht. Sie krümmt sich vor Lachen. Ein altes Spiel, immer wieder schön. Ich küsse sie.

03:12 Uhr – Goes on and on and on

Die Nacht streckt sich, dehnt sich wie eine faule Katze am Nachmittag. Lichter, Rauch, Musikgewummere, ihre Zunge, ihre Hände an meinem Nacken. Ich habe vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit und zugleich wie eine einzelne Sekunde. Mal tanzen wir, mal ziehen wir uns in einen Nebenraum zurück. Sie ist völlig klar, ich bin völlig klar, und es ist klar, worauf das hier hinauslaufen wird. Wir verlassen den Club.

05:25 Uhr – Am Ziel …

Die Nacht verliert den Kampf gegen den Sonntagmorgen. Wir sitzen in einem Park auf einer Bank und machen ungeniert rum.

Wir gehen zu mir. Ich fühle mich wie so eine Figur aus einem Charles Bukowski-Roman. Wir haben Sex, bis wir nicht mehr können. Völlige wohlige Leere. Draußen rauschen die ersten Autos vorbei. Ich mache das Licht aus, verdunkle die Fenster. Wir dämmern vor uns hin, können beide nicht einschlafen.

09:52 Uhr – … und drüber hinausgeschossen

Kurz vor zehn steht sie auf und sagt, dass sie jetzt nach Hause gehe. Ich sehe sie an. Sie ist megahübsch, besonders mit ihrem erschöpften Schlafzimmerblick. Ihr Körper ist Hammer. Ihr Sexdrive überdurchschnittlich. Aber ich kenne das alles schon. Ich weiß, wie das enden wird. Vielleicht endet das alles schon hier an dieser Stelle. Ich habe nicht einmal das Bedürfnis, sie nach ihrer Nummer zu fragen. Von mir aus kann es so bleiben, wie es ist. Dinge vergehen, manche Bekanntschaften ebenfalls. Trotz der Perfektion des Augenblicks hält mich nichts davon ab, das Ganze nicht als One-Night-Stand zu sehen.

Ich kenne ihren Namen immer noch nicht. Ich weiß kaum etwas über sie. Das bildhübsche Mädel, irgendwo zwischen 20 und 29. Lockiges, braunes Haar, 1,75, Rehaugen. Wir werden uns nicht wiedersehen.


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