Inside PUA: Ein Pick-up-Artist packt aus

Pick-up-Artists sind die Casanovas des neuen Jahrtausends. So sehen sich viele von ihnen zumindest selber. Handelt es sich bei diesen „professionellen Verführern“ um perfide Manipulatoren, die die Herzen der Frauen reihenweise brechen? Wir lassen einen von ihnen anonym zu Wort kommen. Ein brutal ehrlicher Erfahrungsbericht und zugleich eine Reise in die dunkle Nacht

Die Sonne hievt sich noch etwas müde über den Horizont, es ist früher Morgen. Eine laue Sommernacht neigt sich ihrem grandiosen Finale entgegen. Wieder einmal. Läuft einfach bei mir. Ich sitze auf einer Parkbank. In meinen Armen eine heiße junge Frau. Mein neuester Fang. Ich kenne ihren Namen nicht. Sie fummelt an mir herum. Ich bin völlig nüchtern, nehme keine harten Drogen, trinke, rauche nicht – nie. Trotzdem fühle ich mich wunderbar besoffen. Ich lasse sie mit ihrer Hand machen, ziehe währenddessen innerlich Fazit, lasse die vergangene lange Nacht noch einmal Revue passieren. Eine Nacht wie Dutzende zuvor.

22:16 Uhr – In Stimmung kommen

Ich treffe Daniel. In der Community nutzen wir beide natürlich nicht unseren wirklichen Namen. Daniel ist mein Wingman, mit ihm zusammen ziehe ich ein- bis zweimal pro Woche los – jede Woche, ohne Ausnahme. Nur Koma wäre eine legitime Entschuldigung. Wir sind so genannte Pick-up-Artists, Verführungskünstler, die Spaß daran finden, leidenschaftlich zu flirten und Frauen zu verführen. Warum wir das tun? Darauf gehe ich später noch genauer ein.

Es gibt eine richtige Pick-up-Community, mit Foren, Youtube-Channels, Facebook-Gruppen und Pipapo. Einige Pick-up-Artists sind auf das Day Game spezialisiert, die Verführung am Tag. Anfänger wählen meist Fußgängerzonen für ihre ersten Aufreißversuche, später wagt man sich dann auch an schwierigere Settings und spricht vor allem nicht nur einzelne Frauen, sondern ganze Gruppen an. Übung macht den Verführungskünstler.

Daniel und ich bevorzugen das Night Game. Die nächtliche Jagd nach Adrenalin, Flirts, Kitzel, Eroberungen, immer ausgefalleneren Erfahrungen. Das, was der durchschnittliche Kerl zwischen 18 und 40 gelegentlich macht (und meist im angetrunkenen Zustand), betreiben wir professionell. Gezielt, mit mehr Stil, mit Faktor 10 Erfolg und vor allem einer größeren Toleranz Körben gegenüber. Es tut uns nach über fünf Jahren Pick-up-Erfahrung nicht mehr weh, von einer Frau abgewiesen zu werden. Wir bleiben freundlich und wissen: Andere Mütter haben noch schönere Töchter. Diese alte Regel hat sich bewährt.

Daniel und ich drehen in seiner Bude die Musik auf. Wir brauchen jetzt ein bisschen Electro, um in Stimmung zu kommen. Dabei reden wir über das, was kommen soll – und inzwischen auch mit Ansage kommen wird. Wir sprechen die Sprache der PUA-Community. PUA steht für Pick-up-Artist(s). „Gestern, bei Lidl an der Kasse, hab ich ein HB7 approacht“, berichtet Daniel und ich nicke etwas gelangweilt. Ein „HB7“ hat nichts mit Cristiano Ronaldo zu tun, sondern ist ein Hot Babe 7, also eine durchaus attraktive Frau (auf einer Skala bis 10). HB7’s interessieren uns eigentlich nicht mehr. Ich frage mich, ob Daniel einen schlechten Tag hatte.

Wir machen uns fertig. Ich betrachte mich im Spiegel. Schwarze Lederjacke, schickes Hemd, dunkle Jeans, kein Schnickschnack. Ich bin nicht wie die Pick-up-Artists der ersten Generation, die sich, um aufzufallen, große Hüte mit Federn dran aufgesetzt haben, extravagante Metall-Ringe trugen oder sich die Finger rosafarben lackierten. Ich weiß: Es kommt auf die Ausstrahlung, auf mein selbstbewusstes Alpha-Verhalten an. Darauf, was ich der Frau vermittle. Wir sind eben immer noch zu einem großen Teil Tiere und an die Evolution angebunden. Ich wollte das jahrelang nicht wahrhaben. Aber mit der These, dass „alles gesellschaftlich konstruiert ist“, bin ich wieder und wieder auf die Nase gefallen.

Okay, eine kleine Ausnahme zur Extravaganz-Abstinenz gibt es dann doch: Ohne mein Amouage Reflection Man begebe ich mich nicht auf die Jagd. Ein bisschen High-Class muss dann eben doch sein.

Wir sind jetzt gut drauf, der Daniel und ich. Wir haben uns einiges vorgenommen.

23:41 Uhr – Im Club

Wir haben keine festen Bars oder Clubs, in die wir wöchentlich gehen. Wir lieben die Vielfalt und Herausforderung. Von Künstlerparty bis 5-Sterne-Hotelbar haben wir alles durch. Heute soll es ein Club werden. Mehrere Floors, rappelvoll, leider – wie wir feststellen – eine Männerquote von über 70 Prozent. Wurscht. Wir verlassen uns auf unsere Kunst.

Mit einem fast schon dämlich breiten Grinsen betreten wir den Laden und sprechen gleich auf dem Weg zur Bar eine Gruppe von vier Mädels an. Entgegen den Klischees über Pick-up-Artists geht es meiner Meinung nach nicht um den richtigen „Anmachspruch“, irgendeine ausgefallene „Technik“ oder derartiges Zeug. Es geht um Charakter. Etwas, das man nicht einfach hat, sondern entwickeln muss, üben, lernen. Freundlichkeit, ohne anbiedernd nett zu sein. Respekt ohne Ehrfurcht. Selbstbewusstsein statt Aggressivität. Akzeptanz der Zurückweisung statt Kletten. Wissen, was man will, statt Rumeiern oder Ambivalenz.

Wir wissen, was wir wollen und wir lassen uns darin nicht beirren. Und die meisten Frauen lieben das. Sorry, aber das ist einfach so.

Daniel zieht sich mit einem der Mädels, ein seltenes HB9(,5), in einen Nebenraum zurück. Wenn alles gut läuft, wird er mehr als nur ihre Nummer bekommen. Ich habe derweil mit den anderen drei Spaß. Das ist eigentlich ganz einfach. Solange man sich selbst nicht zu ernst nimmt und Themen wie Arbeit, Finanzen, Politik und Co. vermeidet, läuft es wie geschmiert. Es geht um den Flirt, um Spaß, um Spiel. Flirten ist wie ein Tanz. Es geht um Sinnlichkeit, um Spannung, um Push & Pull, um Führung, um Risiko, um Leichtigkeit.


Weitere interessante Beiträge