Ich war einfach erleichtert, eine Erklärung gefunden zu haben, denn das bedeutete, etwas zu haben, mit dem ich arbeiten konnte, etwas tun zu können. Ich konnte meine Bindungsproblematik angehen – versuchen, zuverlässiger zu sein, mir einen Hund zulegen.
War ich zu bedürftig, zu unabhängig, zu wählerisch?
Aber selbst wenn ich diese Erklärung nicht akzeptiert hätte, wären viele weitere geblieben, mit denen ich mich hätte beschäftigten können. Vielleicht war ich zu bedürftig oder zu unabhängig? Zu verzweifelt, zu wählerisch? Vielleicht stand ich meinem Vater zu nah oder nicht nah genug?
Ich studierte die Datenlage, erstellte eine äußerst detaillierte Liste meiner Mängel und Unzulänglichkeiten und erhielt am Ende das Bild einer unsicheren, oft ängstlichen Frau mit Schlafproblemen, die dem Wein etwas zu sehr zugeneigt ist und sich bei Diskussionen über das Gesundheitswesen oder Waffengesetze in eine schlangenhäuptige Hyäne verwandeln kann. Ziemlich viele Dinge, an denen ich arbeiten konnte.
Und das tat ich: Um mein Selbstvertrauen zu stärken, nahm ich Schauspielunterricht. Um meinen Horizont zu erweitern, brachte ich benachteiligten Kindern das Schreiben bei. Außerdem kaufte ich eine Wohnung, adoptierte einen süßen Hund namens Taffy aus dem Tierheim (Bindung!) und nahm regelmäßig an Kursen im nächstgelegenen Yogastudio teil. Ich arbeitete die Checkliste all der Dinge ab, die möglicherweise »problematisch« sein konnten, und fand ein reichhaltiges, erfüllendes Gegengewicht. Wenn ich auf Partys ging oder Männer bei Internet-Dates traf, betrat ich den Raum hoch aufgerichtet und mit einem selbstbewussten Lächeln. Seht ihr, wie gut es mir geht? Wie glücklich ich bin? Wie autonom als alleinstehender Mensch – aber auch die nötige Wärme und Verletzlichkeit ausstrahlend, um euch an mich heranzulassen?