Was ich in dieser Phase jedoch vollkommen verkannte, war Folgendes: Er wollte spielen, ich wollte erobern. Er betrieb Eskapismus innerhalb einer festen Partnerschaft (wie ich später erfuhr: Tatsächlich teilte er mit einer Frau Tisch und Bett) und ich sehnte mich nach einer Beziehung (mit ihm). Nicht gerade eine Interessenlage auf Augenhöhe. Von dieser „amour fou“ hätte ich also besser die Finger lassen sollen. Aber dafür war es bereits nach der dritten gemeinsamen Nacht zu spät – jedenfalls für mich. Ich wollte mehr. Er spielte mit.
Unser viertes heimliches Treffen startete gewohnt amüsant und leidenschaftlich: Wir quatschten so vertraut wie ein altes Ehepaar, wir lachten wie zwei Kumpels und vögelten wie frisch Verliebte. Dieser Mann war perfekt. Ich hatte mich verliebt. Mit dem kleinen Harken, dass er ein Meister darin war, brisante Themen zu umschiffen. Und ich genau das Gegenteil davon bin: Ich lege irgendwann den Finger auf den Schmerzpunkt und lasse nicht mehr los.
Während eines Spaziergangs ließ ich also die Katze aus dem Sack. „Wie hast du dir das mit uns eigentlich in Zukunft so vorgestellt?“, fragte ich in eine der seltenen Gesprächspausen hinein. Ich wusste, für ihn kam mein Vorstoß überraschend. „Wie meinst du das?“, konterte er mit einer Gegenfrage. Und ich: „Na ja, bleiben wir zu dritt?“ „Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, sagte er.
Alles hatte ich erwartet. Nur das nicht das. Ich schwieg tapfer und bekam kurzerhand die Offenlegung seines Konzepts spendiert. „Wir sind doch so tolle Freunde und haben so viel Spaß miteinander, warum willst du daran etwas ändern?“ Meine Antwort: „Ich schlafe nicht mit meinen Freunden.“
Nach diesem Spaziergang landeten wir nicht wieder im Bett. Es herrschte mal wieder Abreisestimmung. Wir blieben weiter respektvoll im Ton. Zum Abschied küssten wir uns eine Spur zu intensiv für eine Freundschaft. Mein Herz war unfassbar schwer. Ich unterbrach unsere Telefon-Routine. Er akzeptierte schweigend. Ich litt.