Er wollte spielen. Ich wollte erobern

Die Warnung stand ihm auf die Stirn geschrieben: Verlieb dich nicht in mich! Doch nicht alles lässt sich planen und steuern, weiß beziehungsweise-Autorin Stefanie Wilke

Das Setting schien einfach zu perfekt. Nach knapp 20 Jahren trafen wir uns zufällig wieder. Ausgerechnet am Strand unserer Jugend. Wir hatten die Rushhour des Lebens hinter uns gelassen. Er, nach 20 Jahren Ehe geschieden, aber in einer neuen Beziehung lebend. Ich frisch getrennt.

Der Jugend-Schwarm springt also in Badehose ins Bild und sieht noch immer fabelhaft aus. Ich, bestens aufgelegt, fange den Flirt-Ball an einem strahlend blauen Sommertag. „Klar, schreib mir eine Mail, wenn du mal in meiner Stadt sein solltest, dann unternehmen wir etwas Schönes“, sagte ich. Die Ansage ist so alt wie das Internet. Mit meiner Aufforderung war das Drehbuch schon so gut wie geschrieben. Dachte ich.

Wenige Wochen später kam die Mail von ihm. Er war Kongress-Teilnehmer in meiner Stadt; seine Einladung zum Abendessen in einem angesagten Restaurant klang charmant. Diesmal war ich nicht im Bikini, sondern trug hohe Schuhe und ein Kleid. Und er sah noch umwerfender aus in seinem Hemd, das wie vom Maßschneider angefertigt saß – er gab gekonnt den Gentleman.

Unsere Unterhaltung sprudelte munter wie der Champagner, zum Hauptgang folgte noch eine Flasche Rotwein und wir landeten wie selbstverständlich in seinem Hotelzimmer. Es war amüsant, es war aufregend und doch vertraut, aber ohne Verbindlichkeit.

Am frühen Morgen tranken wir eilig einen Cappuccino. Eine Spur zu eilig für meinen Geschmack, er musste zurück in seine Stadt, Termine. Kein Mann für etwas Ernstes, funkte meine Intuition, mehr so der charmante Jäger, so kannte ich ihn schließlich. Ich spürte das Risiko, mich unglücklich zu verlieben und blieb trotzdem dran. Ein Cocktail aus Selbstüberschätzung, großer Anziehung und Risikobereitschaft war da am Wirken. Und die Tatsache, dass wir uns unfassbar gut verstanden. Seine täglichen Anrufe und zahlreichen romantischen Botschaften erhöhten den Reiz und verstärkten meine Illusion.


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