Eigentlich müsste ich mir eine Art Männerkartei anlegen, in die ich kurze Notizen zu jedem Kontakt ablege. Vielleicht auch Restaurantrechnungen, Fahrkarten oder Konzerttickets. So könnte ich den leeren Fotogesichtern zumindest Geschichten zuordnen. Ein Durchscrollen meiner Smartphone-Fotos gleicht jedes Mal wieder einer Reise in meine fernste Vergangenheit, auch wenn viele dieser Momente erst wenige Monate her sind.
Eins kann mein Hirn gut: Mit Dingen abschließen und sie hinter dicke Türen verbannen. So dicke Türen, dass ich die Männer nicht mal hören würde, wenn sie sich die Seele aus dem Leib schreien würden. Die Erinnerungen verblassen mit jedem Tag mehr. Hatte ich eine gute Zeit mit meinen Dates? Kann schon sein! Zumindest sehe ich immer ganz glücklich auf dem Fotomaterial aus.
Fotos löschen = Vergangenheit löschen?
Lösche ich alte Fotos, lösche ich einen Teil meiner Vergangenheit, unwiederbringlich. Denn dann habe ich nicht einmal diese kleinen Momente, in denen ich mich an eine Person erinnere. Einfach entfernt. Aus meinem Leben gelöscht, als wären sie niemals da gewesen. Das ist meiner Ansicht nach ein großes Problem in unserer heutigen Gesellschaft. Fragen wir unsere Großeltern, können die uns vermutlich noch jeden Namen ihrer damaligen Bekanntschaften nennen. Möglicherweise haben sie sogar noch ihre erste Telefonnummer im Kopf. Doch wir löschen unser halbes Gedächtnis, sobald die Inhalte unseres Smartphones verschwinden. Alles wird auf einen kleinen Bildschirm gebannt und vom Hirn ausgelagert. Meine Großeltern haben teilweise noch Kontakt zu Menschen, mit denen sie aufgewachsen sind. Erste Lieben, erste Arbeitskollegen, Menschen, die sie ein Stück ihres Lebens begleiteten.