“Beziehungsunfähig” – Meint ihr das eigentlich im Ernst?

Wahrscheinlich ist es besser, wenn wir uns damit abfinden, dass wir beziehungsunfähig sind. Dass jede Beziehung endlich ist und uns nur für begrenzte Zeit Glück und Erfüllung bringt.

Somit besteht unser Liebesleben aus einer Aneinanderreihung von Beziehungen, die alle irgendwann ihr Haltbarkeitsdatum erreichen. Ein lebenslanges „Beziehungs-Hop-on-Hop-off“ – genauso wie bei den doppelstöckigen Touristenbussen springen wir auf eine Beziehung auf und sobald wir genug haben oder etwas Besseres sehen, springen wir wieder ab und wechseln den Bus.

Aus der Traum von der echten, bedingungslosen Liebe? Wenn man sich die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Scheidungsraten der letzten Jahre vor Augen hält, ist eigentlich eine kleine Aufwärtstendenz zu erkennen: Im Jahr 2015 wurden deutschlandweit 163 335 Ehen geschieden, also 1,7 % weniger als im Vorjahr. Auch die durchschnittliche Ehedauer soll sich von 11,5 Jahre (1990) auf 14,9 Jahre (2015) erhöht haben. Das sind die Zahlen. Wenn ich mich umschaue, sehe ich davon jedoch nicht viel. Insbesondere, wenn ich daran denke, wie „Liebe“ heutzutage interpretiert und gelebt wird: Friends-with-benefits, On-Off- oder reine Zweckbeziehungen scheinen die Beziehungsmodelle 4.0 zu sein. Von ewiger Liebe und Treue ist selten die Rede und wenn doch, werden sie als eine naive Wunschvorstellung belächelt.

Wenn eine Selbst-Diagnose zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird

Oder machen wir es uns mit der Diagnose „beziehungsunfähig“ viel zu einfach? Weil wir durch das Urteil gar nicht mehr beachten, wie es überhaupt dazu kommt? Es könnte doch durchaus sein, dass wir fähig sind, eine Beziehung zu führen, unser Problem aber darin liegt, unsere vorhandenen Beziehungskompetenzen richtig einzusetzen. Sodass wir über sie stolpern und letzten Endes immer wieder im Liebesdilemma stecken.


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