Das Unbehagen vor dem nächsten Date

Ich sehe auf die Uhr. 17:08 Uhr, noch gut zwei Stunden. Ich springe unter die Dusche, stelle mir dabei Fanny vor. Will ich das? Was mache ich da eigentlich? Ich zweifle daran, dass ich Fanny wirklich treffen will. Diese Zweifel hatte ich ehrlich gesagt vom ersten Moment an, als wir ein Treffen ansprachen.

Das hier, das mit Fanny (Julia, Marie …) ist leider beliebig. Mein Herz rast nicht aus Freude oder froher Erwartung.

Ich rasiere mich, ziehe mir ein frisches Hemd an, trage Parfum auf. Ich kann es nicht mehr ausblenden – ich habe Angst. Es ist keine Schüchternheit, keine soziale Angst. Ich bin in sozialen Situationen ziemlich souverän. Das ist es nicht. Ich bin nervös. Weil ich in eine Sackgasse gelaufen bin, in die ich nie wollte; und in die ich eine fremde Frau gelockt habe und sie umgekehrt auch mich.

Das Beste, was mir jetzt noch passieren könnte, wäre, dass das Date gut läuft. Aber ist das nicht traurig: Hoffen, dass etwas nicht völlig in die Hose geht, obwohl es doch eigentlich etwas Schönes sein sollte? Das ist reiner Wahnsinn.

Schnell noch zwei Brote schmieren, runterschlingen. Im Hintergrund läuft eine Playlist, die ich mir extra für die Stunde vor einem Date zusammengestellt habe. Die besteht fast komplett aus Musik, die ich sonst nie höre. David Guetta, Sean Paul und sogar Elli Goulding ersetzen Slipknot, System of a Down und Annisokay.

Mein Unbehagen erreicht eine kritische Schwelle. Was soll das, Max, was machst du da bloß? Willst du das? Aber ich kann sie doch nicht einfach sitzen lassen. Warum habe ich mich darauf eingelassen? Ist das nur der Trieb? Dummheit? Sucht? Ich will das nicht … Ich komme mir vor wie Gollum am Teich im Gespräch mit sich selbst, damals, im zweiten Teil von Der Herr der Ringe. Der Druck steigt, irgendwann wird er mir auf die Ohren gehen.

Ich schicke Fanny eine Nachricht, da ist es schon 18:37 Uhr.

„Du, ich muss dir leider sagen, dass mir schlecht ist und ich nicht zum Treffen kommen kann. Tut mir wahnsinnig leid. Sorry. LG Max“

Was ich schreibe, ist nicht gelogen, aber es ist verlogen. Mir geht es schlecht, aber das ist nicht der eigentliche Grund für die Absage und meine Angst. Der eigentliche Grund ist, dass ich etwas vereinbart habe, was mir nichts gibt, mit einem Menschen, dem ich unter diesen Umständen nichts geben kann.

Ich fühle mich eklig und schmutzig. Ich werde mich an diesem Abend wohl einfach ablenken, mich mit meinen Kumpels in einer Bar treffen, am anderen Ende der Stadt, an einem Ort, an dem ich Fanny nicht begegnen werde. Es tut mir leid. Ich hätte mich früher aus diesem Strudel befreien und den Scheibenwischer anschalten sollen.


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