Daran könnte es liegen, wenn du immer wieder für Unerreichbare schwärmst 

Eine aktuelle Studie besagt, dass vor allem Menschen mit unsicherem Bindungsverhalten für Stars und Sternchen sowie andere für sie unerreichbare Menschen schwärmen.

Eine Studie der Autor:innen Marina Rain und Raymond A. Mar aus dem Jahr 2021 hat unter dem Titel „Adult attachment and engagement with fictional characters“ erforscht, wie Studierende am College emotional zu ihren liebsten TV-Charakteren stehen und sie zusätzlich Einschätzungsbögen ausfüllen lassen, um herauszufinden, welchem Bindungsverhalten die Studierenden entsprechen. Das Ergebnis: Menschen mit Bindungsangst fühlen sich stärker zu fiktiven Charakteren hingezogen als Menschen, die keine Probleme damit haben, sich emotional auf andere Personen einzulassen. Bindungsängstliche vermeiden mit ihrer Schwärmerei für Serien- oder Filmcharaktere somit unbewusst Nähe. Menschen die unter Verlustangst leiden, erhalten eine Projektionsfläche für ihre Gefühle.  

Tatsächlich gehöre ich zu den Menschen, die mit Verlustangst zu kämpfen haben.

Das könnte erklären, warum meine erste große Liebe Rose DeWitt Bukater aus Titanic war. Direkt gefolgt von Sirius Black, dem Paten von Harry Potter. In meiner Fantasie träumte ich mich häufig in Beziehungen mit diesen beiden fiktionalen Personen. Und auch heute noch „verliebe“ ich mich dann und wann in Seriencharaktere. (Zuletzt Kang Sae-byeok, besser bekannt als „Player 067“ aus dem Netflix-Hit Squid Game). 

Damit bin ich allerdings nicht alleine. Befragungen in meinem Bekanntenkreis ergaben, dass sich viele meiner Freund:innen zu fiktionalen Figuren hingezogen fühlen. Oder sich vorstellen, intensive Freundschaften mit ihnen zu pflegen, weil sie sich auf besondere Art und Weise von ihnen verstanden und sich mit ihnen verbunden fühlen. Ein größeres Kompliment kann es für die verantwortlichen Autor:innen und Schauspieler:innen wohl kaum geben! Am häufigsten genannt wurden übrigens Hermine Granger aus Harry Potter und Rory Gilmore von den Gilmore Girls. Ebenso der Marvel-Superheld und Avenger Tony Stark, gespielt von Robert Downey Junior. Und dabei kam es wohlgemerkt nicht nur auf das Äußere der Schauspieler:innen und den von ihnen verkörperten Figuren an. Sondern auch auf die inneren Werte, die den Charakteren der Serien, Filme und Bücher zugeschrieben wurden. 

Soweit, so gut. Aber wie genau kam die Studie zu dem bereits erwähnten Ergebnis?

Zunächst befragten die Autor:innen der Studie 150 College-Studierende nach ihrem liebsten TV-Charakteren. Im Anschluss ließen sie sie Fragen beantworten, wie sie sich in Bezug auf den Charakter fühlten. Und wie sie ihre Beziehung mit der fiktiven Figur beschreiben würden. Die Antworten wurden mit den Ergebnissen der Fragebögen nach dem Bindungsverhalten verglichen und ausgewertet.  

Die Teilnehmenden, die den Bereichen des ängstlichen oder vermeidenden Bindungstypen höhere Werte erzielt hatten, wiesen außerdem im Bereich der parasozialen Interaktion höhere Werte auf als Personen, die keinem dieser beiden Bindungstypen angehörten. Der Begriff der parasozialen Interaktion kommt aus der Medienpsychologie. Er bezieht sich auf erträumte Beziehungen, die zwischen dem Forschungsobjekt – einer beliebigen Person – und einem angenommenen Partner wie einem Prominenten oder einer Romanfigur existieren. Weil die parasozialen – also erdachten – „Beziehungspartner“ sich im Gegensatz zu realen Beziehungspartnern sehr verlässlich und konsistent agieren, birgt ihr Verhalten keine unangenehmen Überraschungen. Und nur wenig Konfliktpotenzial. 


Weitere interessante Beiträge