Bin ich liebesfähig? Eine Antwort auf Michael Nast

Michael Nast hat ein neues Buch auf den Markt gebracht. Dieses verspricht „Lösungen“ für die von ihm geprägte „Generation beziehungsunfähig”. Wir haben da ein paar kritische Anmerkungen …

Schwierige Gefühle sind – völlig normal! 

Vielleicht gründen die Probleme der vermeintlichen Generation beziehungsunfähig ja in beziehungsbezogenen Ängsten, die durch unrealistische Erwartungen an sich selbst und andere (Stichwort: Selbstoptimierung) noch verstärkt werden. Okay, kann sein. 

Ängste fühlen sich gewiss nicht gut an, sind aber völlig normal und per se keine „Störung“. Es ist völlig normal, Angst vor Verletzung und Verlust zu haben, wenn man sich jemandem hingibt, den man noch nicht gut kennt. Mutter Natur will das sogar so. Unangenehme Gefühle existieren, weil sie sinnvoll sind. Ein aufgepumptes Selbstwertgefühl wird diese Ängste nicht automatisch verhindern. Es hilft lediglich dabei, sollte es doch nicht klappen, leichter aus dem „Loch“ der Enttäuschung und des Schmerzes herauszukommen. Aber es verhindert nicht völlig normale menschliche Gefühle wie Angst, Traurigkeit und Wut. Und es verhindert schon gar nicht Schmerzen, die jeder von uns manchmal erleidet. Muss es auch gar nicht. Diese kommen und gehen wieder – wenn wir nicht gerade dadurch an ihnen festkleben, weil wir sie um jeden Preis zu verhindern versuchen. 

An dieser Stelle soll noch einmal betont werden: Es wird hier nicht bestritten, dass es tatsächlich bestimmte u.a. psychische Erkrankungen und traumatisierende Lebensereignisse gibt, die das Finden, Eingehen und Aufrechterhalten einer stabilen, glücklichen Beziehung schwierig(er) und eine professionelle Behandlung empfehlenswert machen. Und es soll auch nicht behauptet werden, dass Beziehungen ein „Selbstgänger“ sind. Aber: Die allermeisten Menschen, die sich selbst das Label „beziehungsunfähig“ auf die eigene Stirn kleben – z.B. inspiriert von Michael Nast –, haben eben keinen relevanten Software- oder Hardware„fehler“ und könn(t)en gleich heute damit loslegen, eine glückliche Beziehung zu finden, wenn sie dies denn wollen (gibt ja keine Verpflichtung dazu!). 

Du bist der:die Regisseur:in! 

Du bist für dich selbst verantwortlich. Niemand sonst. Darin liegt (d)eine unglaublich große Chance. Du bist nicht dein Symptom, selbst wenn es das Symptom geben sollte. Du bist die Regisseurin oder der Regisseur deines (Liebes-)Lebens, und wenn du es tatsächlich gestalten möchtest, musst du diese Rolle annehmen und ins Tun kommen. Das hätte den Vorteil, dass du dich unabhängiger machst von Labeln wie „beziehungsunfähig“ oder „liebesunfähig“, und freier wirst, das zu tun, was dir wirklich wichtig ist. Dann brauchst du dir auch keine Bücher mehr zu kaufen, die dich nicht weiterbringen. 


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