Heutzutage sind viele Singles überzeugte Langzeitsingles. Das schließt gelegentliche Beziehungsepisoden gar nicht mal aus. Gab es dieses Phänomen schon immer?
Mein Freundeskreis besteht aus zwei Gruppen: Jene, die vergeben sind, und jene, die schon derart lange Single sind, dass man besser von Langzeitsingles oder Singles aus Leidenschaft sprechen sollte.
Natürlich bleiben auch meine vergebenen Freunde nicht von Beziehungskrisen und Trennungen verschont. Allerdings sind sie in Krisen fest davon überzeugt, dass ihr Herz bestimmt bald wieder fündig werden wird. Wenn ich hingegen meine lieben Langzeitsingles nach ihrer letzten Beziehung frage, erhalte ich regelmäßig Varianten folgender zwei Antworten:
- „Was verstehst du denn unter einer Beziehung?“
- „Ich glaub‘, da war Merkel noch nicht Kanzlerin.“
Letztlich sagen beide Antworten dasselbe aus. Gelegentliche Abenteuer, Affären, Techtelmechtel oder wie auch immer man es nennen mag, gab’s natürlich schon. Aber die letzte richtige Beziehung – mit Liebesbekundungen, gemeinsamen Plänen und dem ganzen Pipapo – liegt derart weit in der Vergangenheit zurück, dass man in ihrer Facebook-Chronik stundenlang runterscrollen müsste, um auf letzte digitale Spuren von ihr zu stoßen. Instagram hieß damals noch Polaroid, oder so ähnlich. Sind diese Freunde also meine Single-Freunde?
Single-Sein ist nicht dasselbe wie Langzeitsingle-Sein
„Single“, finde ich, hat so etwas Temporäres. Single ist man zurzeit. Momentan. Noch. Wider Willen. Leider wieder. Nicht mehr lange. Man nimmt sich nicht vor, es für viele, viele Jahre oder gar Jahrzehnte zu sein. Vielmehr würde man sich glücklich schätzen, wenn sich Amor endlich mal wieder aufrappelt und seinen Job tut. Sollte es dann aber doch einmal längere beziehungslose Phasen geben, ist das ohne bewusstes eigenes Zutun so gekommen. Man hat sich irgendwann damit abgefunden, hat sich allmählich im Single-Leben eingerichtet. Man weiß um seine Vorzüge und Nachteile.
Das gab’s früher wie heute. Aber heute, wage ich zu behaupten, ist etwas anders.