Die Menschen, die ich durch Tinder & Co. kennenlernte, waren bis auf ganz wenige Ausnahmen gestandene Persönlichkeiten, die weder „irgendwas mit Medien“ machten, noch die Wochenenden in „angesagten“ ranzigen Technoschuppen verbrachten. Teilweise hatten sie sogar dem Alkohol abgeschworen.
Es waren Männer, die lieber an den See baden fahren, als verkatert im Bett zu planen, wie man den noch schlafenden One Night Stand am besten loswerden könnte. Ich traf in der Singlehauptstadt Berlin auf Männer, die sich nach einer Zukunft sehnten, wie sie im Beziehungsbilderbuch steht: Haus, Kinder, Hund (alternativ Katze).
Von Charakteren, wie Nast sie beschreibt, hielt ich mich bewusst fern. Meist waren es Touristen oder Zugezogene, die schnell klarmachten, worin ihr Lebensinhalt bestand: Sex, Drugs & abgefuckte Technoclubs. Das, was Nast zu zeigen versucht, ist nicht Berlin. Es ist der Einfluss von außen. Es ist das Bild, welches sich Außenstehende von Berlin machen möchten. Eine Projektion von Sehnsüchten und Hoffnungen, die der Hauptstadt, in der alles möglich scheint, aufgedrückt werden.
#EGOLAND ist eine Projektionsfläche, die zu Resignation führt
Was ist es, das Beziehungen unglücklich macht? Es ist die Projektion der eigenen Vorstellungen auf den Partner, die Verklärung der Realität. Genau das macht Nast in seinem Roman #EGOLAND. Er verklärt ein Berlin, das mit seiner Außenwirkung wenig gemein hat.
Die Tatsache, dass die Singles in der Hauptstadt trauriger, verzweifelter und einsamer wirken als im Rest der Bundesrepublik, ist eine Folge davon. Unzählige Dates mit flachen Charakteren, die Berlin zu ihrer Projektionfläche machen, führen zu Resignation. Sie führen dazu, dass sich einige Berliner Singles von Nast verstanden fühlen, wenn er von einer Egomanisierung der Gesellschaft spricht.