Auf der Suche nach dem Hauptgewinn: Woran erkenne ich sicher gebundene Partner?

Bindungsverhalten und Bindungstypen spielen bei Partnersuche und Partnerwahl eine entscheidende Rolle. Ist also ein sicher gebundener Partner die Lösung?

Diese beiden Typen treffen sich ständig. Der ängstliche Typ gibt sich viel Mühe, das überzeugt anfangs den vermeidenden Typen, sich einlassen zu können: schließlich meint diese Person es ja doch ernst. Doch der Wunsch nach Autonomie und die Angst vor Verletzung kickt irgendwann ein, das kann die Vorstellung bei der Familie beispielsweise auslösen oder Pläne für ein gemeinsames Haus oder einfach nur der Wunsch nach verlässlichen Ritualen. In solchen Momenten zieht sich der vermeidende Typ zurück. „Ich sagte doch, dass ich mir nicht sicher bin, dass ich eine Beziehung wünsche.“ 

Was jedoch der ängstliche Typ hört: „Ich bin mir nicht sicher, ob du zu mir passt!“ Und das wiederum bedeutet, es kickt der Wunsch ein, sich zu beweisen und mehr Mühe zu geben. Anfangs geben diese Bemühungen auch dem vermeidenden Typen wieder etwas Sicherheit, dass er nicht verlassen werden wird – bis, ja wieder etwas seine Bindungsangst triggert. Beispielsweise die Idee, sich gemeinsam einen Hund anzuschaffen oder einen Urlaub zu planen, der noch drei Monate in der Zukunft liegt. Und die Berg- und Talfahrt, die Achterbahnfahrt geht in die nächste Runde. Diese Forderungs-Rückzugs-Dynamik, diese Diskrepanz im Nähe- und Distanzbedürfnis, ist anstrengend. Gleichzeitig wird sie aber auch zwischen den Phasen als euphorisch erlebt, nämlich dann, wenn das Bindungssystem einknickt.

Sicher gebundene Partner sind nicht schicksalsorientiert, sondern wachstumsorientiert

Die Kennenlernen- und Paar-Dynamik von zwei sicher gebundene Bindungstypen ist wachstumsorientiert ausgerichtet. Statt Achterbahn und Auf und Ab geht es eher kontinuierlich, aber langsam nach oben. Achterbahn-Liebhaber gähnen an dieser Stelle meist mehrfach auf. Denn eine solche Fahrt würde sich für sie möglicherweise gar nicht als Liebe anfühlen. Schließlich gehören die Hochs und Tiefs nach ihren Erfahrungen einfach dazu. Sonst wäre das ja den Einsatz gar nicht wert. In Wahrheit jedoch fehlt nicht der Einsatz: es fehlt beispielsweise der Trigger, den ein Rückzug auslösen würde. 

In der Theorie wären sowohl für ängstliche als auch für vermeidende Bindungstypen die sicheren Typen ideal. Denn sie könnten ihnen die nötige Sicherheit geben und würden durch ihr Verhalten deren Bindungssysteme weniger oder auch gar nicht triggern. Und genau das ist wie eben beschrieben der Punkt: Wer nicht triggert, ist nicht interessant. Wir sind hier nahe an dem Thema Friendzone. „Ich kann mir mit dir einfach keine Beziehung vorstellen. Als Freund:in bist du aber großartig.“ Was sagt dieser Satz? „Wenn wir Freunde sind, dann muss ich keine Angst haben, dass wir eine schmerzhafte Trennung erleben; zumindest nicht so wie bei einer Beziehung.“

Es geht erst in zweiter Linie darum, sicher gebundene Partner:innen zu finden. In erster Linie geht es darum, sie zu erkennen. Was nicht einfach ist, denn mangels aktiviertem Bindungssystem werden sie von ängstlichen und vermeidenden Typen vor allem übersehen und nicht wahrgenommen, und als Beziehungspartner fallen sie aus dem Raster. Wenn der sichere Typ der „Heilige Gral“ der erfolgreichen Partnerwahl ist, dann ist die Suche nach ihm hauptsächlich eine Reise hinter die Wallanlagen der eigenen Schutzstrategien. Und der Gral der sich dahinter verbirgt, ist tatsächlich eine sichere Bindung – aber die eigene.

Woran erkenne ich sicher gebundene Typen?

Vor allem zeigen sie eben NICHT typische ängstliche oder vermeidende Verhaltensweisen. Sie …

  • … machen Pläne und halten sich daran
  • … sind nicht wischiwaschi in ihren Aussagen
  • … halten sich nicht (viele) Hintertüren offen
  • … werden nicht leicht getriggert durch Situationen von viel Nähe und/oder viel Distanz
  • … wünschen sich eine wachstumsorientierte Kennenlernphase
  • … hoffen nicht auf eine schicksalhafte „Liebe auf den ersten Blick“-Begegnung
  • … fühlen sich nicht schnell bedroht durch Verhaltensweisen, die ihnen unbekannt sind

In der Liebe gibt es keine Sicherheit

Liebe wird immer verletzen. Jede Beziehung ist der tägliche Widerspruch zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und Verschmelzung und dem Wunsch nach Autonomie, Distanz und Esploration. Partner müssen permanent verhandeln und es wird nicht ausbleiben, dass sie dabei einander Schmerzen zufügen. Das wissen sichere Bindungstypen. Und sie wissen, dass sie von diesen Verletzungen heilen werden. Dass sich sich nicht übermäßig zu schützen brauchen, weil sie stark genug sind, zu wachsen und zu heilen. Sie suchen Sicherheit nicht im Anderen, sie plagen sich nicht mit dem Problem, nach Enttäuschungen niemals wieder vertrauen zu können. Deshalb quälen sie sich nicht dem Gefühl, sie seien nicht gut und liebenswürdig genug. Sie vertrauen sich selbst – und deshalb können sie anderen einen Vertrauensvorschuss einräumen.


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