“Also, das war so …” – Die Romantik des Beginns

„Wie haben Sie sich denn kennengelernt? Was war das Besondere an Ihrem Partner in diesem Moment?“ Um die Geschichte eines Paare verstehen zu lernen, beginnt man am besten am Anfang der Beziehungs-Historie

Meine Eltern kannten sich bereits als Kinder, da gab es keinen ‘Urknall der Liebe‘ bei einem Date. Dennoch war immer genau zu spüren, dass es tatsächlich nie eine andere Frau für ihn gegeben hat, wenn mein Vater erzählte: „Ich wusste immer, sie ist die EINE.“ Da war, Jahrzehnte später noch, ein leichtes Flattern in seiner Stimme und ein Glänzen in seinen Augen. Meine Mutter guckte dann verschämt zur Seite. Wie in dieser Generation üblich, war sie einige Jahre jünger als er und als er sie zum ersten Mal bemerkte, hatte sie für romantische Gedanken vermutlich keinen Sinn. Jeweils in einem Mädchen- und in einem Jungen-Internat untergebracht, trafen sie erst Jahre später wieder aufeinander, als sie beide das damals typische Heiratsalter erreicht hatten. Der Vater meines Vaters mochte den Vater meiner Mutter nicht so gerne – oder umgekehrt, das ist nicht mehr herauszufinden. Jedenfalls kletterte mein Vater eines Nachts wie Romeo über den Balkon – um dann klassisch von ‘Julias Familie‘ mit der Heugabel vom Hof vertrieben zu werden. Das gab Stress im Dorf, doch irgendwann rauften sich die Großeltern zusammen, gaben dem Paar ihren Segen und die Ehe hielt ein Leben lang.

Seien Sie ehrlich: Klingt das romantischer als „Wir waren ein Match und haben uns im Café getroffen“?

Ja? Wirklich?

Sind Sie sich ganz sicher?

Dann lassen Sie mich einige Details ergänzen. Es war die Nachkriegszeit, die Menschen hatten kaum etwas. Auf dem Land gab es einige Klosterschulen und die wurden unter einem mehr als strengen Regiment geführt. Wer hier erwischt wurde, über die Mauer zu den Jungs oder den Mädels nebenan zu klettern, schrubbte den Boden der Kappelle auch bei Minusgraden und musste die Toiletten putzen. Schläge im Internat und zuhause waren auch keine Seltenheit. Nähe, Zärtlichkeit, ein langsames Kennenlernen: Fehlanzeige. Wer nicht nach der Pfeife der Eltern tanzte, bekam kein Geld für die Ausbildung und hatte keine Chance, jemals das Dorf gegen die Stadt und einen gut bezahlten Job dort zu tauschen. Stimmten die Eltern einer Heirat nicht zu, wurde Druck ausgeübt, gedroht, enterbt, auch mit körperlichem Nachdruck. Sex vor der Heirat? Undenkbar. Die Familienehre!

Klingt immer noch romantisch? Geht so.


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