Ihr Handy blieb still
Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus und fand, dass sie als emanzipierte Frau schließlich genauso gut den Anfang machen konnte und schrieb ihm: „Danke für den schönen Abend…?“
„Und jetzt schreibt er nicht zurück, Anna!“ Franzi klingt hysterisch.
„Ok, lass uns tief eintauchen in die Materie.“, grinse ich in mich hinein. „Über welche Zeitspanne reden wir?“
„Zwei Stunden.“ Die Verzweiflung steht ihr ins Gesicht geschrieben.
„Zwei Stunden?“ ich gucke sie ernüchtert an. „Das ist nichts in Zeiten des Ghostings. Wir sitzen hier, weil er seit zwei Stunden nicht geantwortet hat?“
„Jahaaa… Anna, es ist wichtig. Wir reden hier über meinen Vielleicht-Ehemann. Da zählt ja wohl jede Minute!“
Und es stimmte. Wenn man verknallt ist und nach jedem noch so kleinen Zeichen sucht, das einen Hinweis darauf gibt, ob es dem anderen genauso geht, dann wird jede Minute ein wichtiges Indiz. Ein Indiz für Zuneigung. Für Lust. Für Distanz. Für Rückzug.
Und das Warten auf das nächste Indiz, die nächste Nachricht, das nächste Treffen, die nächste Antwort macht aus starken, selbstbewussten und reflektierten Menschen ein aufgeregtes, unruhiges Etwas, das sich versucht so durch den Tag zu hangeln und souverän zu wirken, während es alle dreißig Sekunden auf das Handy schaut oder den Nachrichtenton überprüft.
„Wollte er mich nur flachlegen und jetzt bin ich uninteressant für ihn?“ unterbricht mich Franzi in meinen Gedanken und legt los “Aber so ist der glaube ich nicht. Er hat zumindest gesagt, dass er nicht auf was Lockeres aus ist. Vielleicht ist er aber auch ein Arschloch und hat mir Scheiße erzählt. Oh Gott, bin ich auf ihn reingefallen??“
„Vielleicht liegt er auch einfach zu Hause und guckt ne Serie und antwortet, wenn ihm danach ist. Oder er ist unterwegs oder so. Wir reden hier über zwei Stunden“, rufe ich ihr in Erinnerung.