Weil wir alle angespannt sind. In einer Ausnahmesituation, die wir so nicht kennen. Und in einer Situation, die sich alle paar Tage ändert. Diese Corona-Geschichte wird vielleicht richtig ernst und länger dauern, als wir dachten. Und vielleicht auch Länder treffen, die kein so gutes Gesundheitssystem besitzen wie wir. Und Leute, die vielleicht kein Zuhause haben, in das sie sich zurückziehen können. Wir denken. Wir grübeln. Deutschland sitzt auf dem Sofa und die Virus Wolke schwebt über uns. Die einen finden sie bedrohlich und beängstigend, die anderen betrachten sie ganz sachlich und nach Faktenlage. Auch das birgt Konfliktpotential. Was der eine als riskant einstuft, findet der andere gar nicht so schlimm oder belächelt es vielleicht sogar. Fakt ist, wir sind hier zusammen auf diesen paar Quadratmetern. Und das bleibt erstmal so.
Wohin mit all dem Druck
Ich sitze auf dem Boden an den blöden Schrank gelehnt und das Radio spielt die ersten Töne von John Lennons „Imagine“. „Na toll“, denke ich, „jetzt war ich grad so schön wütend und jetzt das. Bei diesem Song muss ich jedes Mal sofort anfangen zu weinen. Das war schon immer so und wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Und so kullern mir leise die Tränen aus den Augen und ich überlege, dass ich bestimmt nicht die Einzige bin, die gerade mal kurz weinen muss, um den Druck loszuwerden. Und daran, dass ich dringend alle meine Freunde anrufen muss, um sie zu fragen, wie es ihnen geht. Und daran, dass ich für keinen anderen die Kaffeetassen wegräumen und Handtücher aufhängen würde als für Max. Und dass unsere Paarantäne eigentlich ziemlich aushaltbar ist. In dem Moment öffnet Max vorsichtig die Tür und hält eine Tasse Tee in der Hand. Er setzt sich wortlos neben mich, lehnt sich an den Schrank und guckt mich liebevoll an. „Wie geht’s dir?“, fragt er und reicht mir die Tasse. Und da fällt mir auf, dass es das erste Mal in dieser schwierigen Woche ist, dass einer von uns beiden diese Frage stellt.
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