Einblicke in eine heimliche Affäre

Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Aber muss es ausgerechnet ein vergebener Mann sein? Da ist Herzschmerz doch vorprogrammiert, oder?

„Oh Anna“, Franzi sitzt weinend auf meinem Sofa und guckt mich traurig an. „Was soll ich denn jetzt nur machen? Ich bin so sauer. Und so traurig. Wie kann er da nur so mit ihr sitzen? Das ist doch alles nicht wahr! Scheiße. Aber ich kann nicht ohne ihn sein. Nach all dem, was wir zusammen hatten.“

„Aber kannst du eine dieser Frauen sein, die jahrelang zu Hause auf einen Mann wartet, der für sie nie wirklich der Mann war, den sie sich gewünscht hat? Und wahrscheinlich auch niemals sein wird? Und willst du dich immer fragen müssen, ob es vielleicht eine neue Franzi gibt?“, frage ich.

Ich will ihn ganz für mich!

„Nein. Ich will das ganze Paket. Ich will ihn ganz für mich und irgendwann heiraten und Kinder haben. Aber offensichtlich plant er das ja schon mit ihr. Und ich bin das aufregende Beiwerk. Oh Gott, die Arme. Wenn die wüsste. Ich weiß wenigstens halbwegs, was Sache ist. Sie sitzt da mit ihm und hat keine Ahnung, dass ich überhaupt existiere!“

„Ja, wahrscheinlich nicht.“, ich reiche ihr noch ein Taschentuch. „Und vielleicht ist das am Ende die wichtigste Frage: Willst du mit einem Menschen dein Leben teilen, mit ihm eine Beziehung aufbauen, ihm dein Vertrauen schenken, der mit seinem Gefühlschaos so unverantwortlich umgeht? Es passiert, dass wir uns verlieben, obwohl wir vergeben sind. Auch, wenn wir glücklich vergeben sind. Aber die Frage ist ja, was wir dann damit machen! Wir können uns für eine Trennung entscheiden. Oder versuchen die neue Verliebtheit vorbeiziehen zu lassen. Oder uns trauen, offen über unser Dilemma zu sprechen. Ehrlich zu sein. Vielleicht sogar eine unkonventionelle Lösung finden. Auch, wenn es schwierig ist. Es gibt einen ehrlichen Weg. Den empfinden viele nur als anstrengender und winden sich auf Kosten anderer drum rum.“

„Ja, weil sie dann reden und Konflikte aushalten müssten. Dann ist da nichts mehr mit heiß und unbeschwert im Hinterhof ficken.“

„Richtig.“ In dem Moment bekommt Franzi eine Nachricht von Carl. „Du fehlst mir…“, liest sie mir vor.

„Und jetzt?“ gucke ich sie fragend an und wir beide schweigen. Minutenlang. Dann hebt Franzi den Kopf und schaut mich entschlossen an: „Kein und jetzt. Ich liebe ihn. Aber ich liebe mich mehr.“

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