Wie verändern sich meine Ansprüche beim Dating ab 30?

Nach insgesamt fast sechs Jahren Online Dating habe ich gemerkt, wie sich mein Swipe Verhalten und allgemein meine Ansprüche verändert haben. Was genau sich verändert hat, darüber habe ich zuletzt viel nachgedacht.

Als ich anfing zu daten ging es mir in erster Linie darum, neue Erfahrungen zu sammeln

Ich wollte aufgeschlossene Menschen oder Gleichgesinnte kennenzulernen. Meinen Ex-Freund lernte ich ebenfalls über eine App kennen und damit hätte ich, als ich sie installierte, nicht gerechnet. Jetzt bin ich unglaublich dankbar dafür, ihn getroffen zu haben. Auch wenn wir nicht mehr zusammen sind. Daher kann ich das Vorurteil: “In diesen Apps wollen alle ja nur das eine und sowas wie Liebe gibt’s dort nicht” absolut nicht bestätigen. Du findest das, was du suchst, bzw. das, was du am Ende daraus machst. Nicht zu vergessen: Zu einer Interaktion gehören immer mindestens zwei Menschen.  

Früher, wie das klingt, ich fühle mich alt, habe ich Wert auf andere Dinge gelegt. Das heißt, ich habe schneller nach rechts geswiped, war offen für mehr Konstellationen und fand gerade die feierlustigen Genießertypen super interessant. Also interessant und anziehend finde ich sie auch immer noch, aber ich merke, dass es eindeutig weniger geworden ist. Mit Typen, meine ich übrigens Typ „Mensch“. Egal, ob Frauen oder Männer, oder eben Paare.  

Klar, das muss nicht zwangsläufig damit zusammenhängen, dass ich jetzt 31 geworden bin. Hinzukommend bin ich jetzt auch seit geraumer Zeit Single und merke einfach, dass das ganze Austoben und dann Alleinsein im Lockdown auch irgendwie seine Spuren hinterlassen hat. Und ich einfach mal wieder Lust auf etwas Anderes, was Neues, hätte. Völlig okay. Single-sein, Vergeben-sein – beides nur Zustände. Es gibt kein Endziel. Hauptsache du bist glücklich und ein vertrauter Freundeskreis zum Beispiel, kann ebenso die Bedeutung einer Familie einnehmen und den Zustand des Single-Daseins mehr als erträglich machen. Nähe und Verbindung schenken uns nicht nur unsere Partner*innen. Wenn wir das Begreifen sind wir auch nicht mehr zu krampfhaft auf der Suche, oder toben uns unverhältnismäßig aus, wenn wir temporär “frei” sind.  

Werte ändern sich mit steigendem Alter

Menschen mit Vision, mit Ambitionen und einer Motivation, die hinter alldem steckt, interessieren mich. Ja-Sager, Mitläufer oder Menschen, die sich als frei bezeichnen, obwohl sie augenscheinlich “lost” sind, weil sie absolut keinen Plan von ihrem Leben oder ihrer aktuellen Gefühlslage haben, schrecken mich mittlerweile ab. Früher haben mich diese Charaktere angezogen, weil ich auch einer von ihnen war. Ich habe mich auch gern als frei bezeichnet und in meinen ehrlichen Momenten (mit mir selbst) gemerkt, dass das schon teilweise mehr Schein als Sein hinter steckt. Denn auf manche Fragen hatte ich einfach wirklich keine Antwort… retrospektiv betrachtet ein sehr beunruhigendes Gefühl.  

Zusammenfassend würde ich also festhalten, dass meine Eltern recht hatten, als sie sagten “irgendwann wirst du auch ruhiger und sehnst dich nach anderen Dingen”. Was nicht heißen soll, dass ich mir jetzt die Vorstadt-Idylle mit Haus, Hund, Ehe, Kind, zwei Autos und zwei Mal Urlaub im Jahr wünsche. Dennoch mag ich die Ruhe, die mit steigendem Alter in mir selbst eingekehrt ist. Und lege mehr Wert darauf, diese zu schützen und mich nicht jeder Versuchung kopflos hinzugeben, sondern einfach mal innezuhalten und mich wirklich zu fragen, ob ich das gerade brauche oder meine zu brauchen. Darin besteht nämlich oftmals der große Unterschied.

Eine entschleunigte Art des Online-Datings. Ich mag’s. Und selbst wenn nicht: jetzt haben auch die Gastro, Museen und Sportstudios wieder geöffnet. Auch getanzt werden darf wieder – zumindest aktuell hier in Berlin. Live-Dating ist wieder möglich, inklusive Geruchstest und direktem Erstkontakt, ohne Filter. Geil! 

Ich bin dann mal offline.  


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