Warum ist das so?
Vielleicht weil bei all den Konzepten, Ratgebern, Erfahrungsberichten immer eins auf der Strecke bleibt: das eigene Erleben. Das Fühlen. Wenn mir ein/e Freund/in von ihrem Urlaub erzählt und wie schön es dort war, erlebe ich es schließlich anders, als wenn ich auch dort gewesen bin. Und ich kann mich nicht wirklich in ihr Erleben, ihre Gefühlswelt hineinversetzen. Ich kann lediglich ihre äußeren Reaktionen deuten, aber wirklich mitfühlen ist schwer.
Sich von Erfahrungen erzählen lassen und diese am Ende machen ist ein großer Unterschied. Manchmal glaube ich, es ist besser, weniger zu wissen, weil man dann nicht unbedingt enttäuscht wird. Wenn ich gar nichts erwarte, werde ich am ehesten überrascht. Und mal ehrlich: was bringt uns all dieses erzählte Feedback, wenn wir dennoch mit unseren eigenen Gefühlsausbrüchen zu strugglen haben.
Erleben statt erleben lassen.
Was ich eigentlich damit sagen will: Gerade mir als Kopfmensch bereiten diese Zeiten oftmals Kopfzerbrechen. Socialdistancing sowie Lockdown und Ausgangssperre sind für mich Fluch und Segen zugleich. Aber irgendwie habe ich in den letzten Wochen bemerkt, dass dieser scheinbare Kontrollverlust durch scheinbare auf Handlungsunfähigkeit (Die Restriktionen ändern sich halt derzeit im Wochen-Takt) auch etwas gutes hat. Es hat mir mal wieder gezeigt, dass es wichtig ist, mehr auf unser Bauchgefühl zu hören.
Aktuell versuche ich mich einfach weniger von Gedanken leiten, sondern Entscheidungen aus dem Bauchgefühl heraus treffen zu lassen. Das wirkt ungemein befreiend. Entscheidungen zu treffen fiel mir unglaublich schwer. Beruflich, alltäglich wie auch in sozialen Interaktionen. Jetzt schaue ich, dass ich auf den Moment vertraue und nicht zu sehr in der Zukunft zu leben. Konsequenzen stehen nicht mehr im Fokus, aber sind weiterhin im Hinterkopf.
Auch die sexuellen oder romantischen Kontakte, die ich dieses Jahr hatte, haben mir allesamt gezeigt, dass ich mein theoretisches Vorwissen zum größten Teil über Bord werfen sollte, da ich es oftmals am Ende war, die befangen zu den Treffen erschien. Zu viel gelesen, gehört, miterlebt und dadurch erlebt zu haben geglaubt. Trugschluss.