Wenn Mann nicht kann …

Sein Begehren lässt sich an seiner Erektion erkennen? Ein Irrglaube. Warum dieser Gedanke dennoch Paare auseinanderbringen und den Selbstwert schädigen kann.

Bitte nicht alles psychologisieren

Aber warum hält sich bei Frauen so hartnäckig das Gefühl, nicht (mehr) gut genug für ihn zu sein, wenn sein Penis nicht steif wird, wenn sie doch wissen, dass es mit ihnen in den allermeisten Fällen nichts zu tun hat?

Etwas pauschalsierend gesagt: Weil Frauen dazu neigen, Bedeutungen zu suchen und Beziehungsaspekte zu sehen. Die Reduktion einer Sache auf die Sache selbst fällt Frauen möglicherweise schwerer als Männern.  Wenn Mann nach Hause kommt und auf dem Tisch ein ihm unbekanntes Buch sieht, denkt er. „Da liegt ein Buch.“ Punkt. Überlegungen abgeschlossen. Frauen tendieren dazu, in der gleichen Situation über Folgendes zu grübeln: „Da liegt ein Buch, es lag heute morgen noch nicht dort. Wer hat es dorthin gelegt? Und vor allem: Warum? Was bedeutet das? Was will er mir damit sagen? Muss ich mir Sorgen machen?“ Letzteres übrigens, also das „sich Sorgen machen“, ist auch so eine Spezialität von Frauen. In der Regel beziehen sich die Sorgen auf „könnte“ und “hätte“, auf Eventualitäten, Gedankengebilde und Vorabkonstrukte, also Dinge und Sachverhalte, die so sein oder möglicherweise so eintreten könnten. Oder eben auch ganz anders. Aber das spielt für die Sorgen erst einmal keine Rolle. 

So entsteht folgende Situation im Bett. Er bekommt keine Erektion oder hält einfach nicht durch oder er hat keinen Orgasmus. Kann passieren. Nicht schön für ihn, für sie manchmal schade. Aber: Für beide eigentlich kein Drama. Oft wird es aber zu einem. Weil die Angelegenheit nicht so behandelt wird, wie sie es sollte: nämlich nüchtern (organische Ursache abklären), entspannt (letztlich geht es nur um Sex) und offen (darüber reden (beide!).

Stattdessen dreht er sich (über sich selbst zweifelnd und enttäuscht) von ihr weg und hofft, dass er nichts dazu sagen muss. Zumal das Gespräch mit der Partnerin als Möglichkeit der Problemlösung ins männliche Selbstkonzept ähnlich wenig passt, wie die Erektionsschwierigkeiten an sich. Für die meisten Frauen jedoch ist Reden Gold und hilft ihnen, Dinge richtig einzuordnen. Sie fragt also nach. Er fühlt sich noch mehr gestresst. Seine mangelnde Gesprächsbereitschaft verstärkt ihre Unsicherheit und bestätigt sie nur noch mehr in der Annahme, es könnte an ihr und ihrer Partnerschaft liegen. Sonst könnte er schließlich mit ihr reden. Eine Zwickmühle. 


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