Was könnt ihr machen, wenn ihr unterschiedlich viel Sex wollt?

Sexuelle Differenz beschreibt unterschiedliche Bedürfnisse nach Intimität. Das kommt in jeder Beziehung – irgendwann vor. Aber es gibt Lösungen. Lest hier Tipps von renommierten Experten.

Laut der beiden US-amerikanischen Forscher Dr. Lori Brotto und Dr. Kristen Mark, Experten auf dem Gebiet des sexuellen Verlangens, ist das Wichtigste, auf Schuldfragen zu verzichten und aufzuhören, einen Partner für das Problem verantwortlich zu machen. Denn sexuelle Differenzen sind immer ein Paarproblem, kein individuelles Problem.

Sexuelle Differenzen sind ein gemeinsamer Gegner

Was bedeutet das? Betrachtet euer Problem als ein Gemeinsames und nicht als etwas, an dem ein Partner die Schuld trägt. Wenn ihr nämlich erst anfangt, euch gegenseitig zu beschuldigen und zu beschämen, weil einer von euch “zu viel” oder “nicht genug” Sex will, führt das zu nichts Gutem, betonen die Experten. Es handelt sich um ein Beziehungsproblem oder eben einen gemeinsamen Gegner, den ihr zusammen als Paar und Team angehen müsst. Es bringt wenig, wenn einer von euch den Konflikt alleine lösen möchte. Dr. Marks Forschungen belegen, dass Strategien, die sich auf das Paar konzentrieren, viel erfolgreicher sind als individuelle Maßnahmen.

Ganz wichtig, denn das vergessen viele Paare: Prüft unbedingt mögliche körperliche und gesundheitliche Probleme oder Stressfaktoren, die das Verlangen dämpfen könnten, z. B. chronische Müdigkeit, Stress oder Medikamente. Schaut in die Beipackzettel der Präparate, die ihr regelmäßig einnehmt. Die sogenannten “Störungen der sexuellen Funktion” werden dort häufig gelistet. Merke: alles, was mit Stoffwechsel zu tun hat, was auf den Kreislauf wirkt, was den Hormonhaushalt beeinflusst, kann lustlos machen. Antidepressiva sind wahre Lustkiller. Manchmal müssen solche Themen vor den sexuellen Problemen angegangen werden. Die Experten empfehlen deshalb: Sprecht mit eurem Arzt, prüft eure Work-Life-Balance neu und achtet auf Faktoren, die eure Libido beeinträchtigen können und verändert diese, bevor ihr etwas anderes tut.

Ja, positive Kommunikation ist auch hier der Schlüssel

Positive, zugewandte und wertschätzende Kommunikation ist der Schlüssel. “Alles, was Partner im Alltag füreinander tun, ist Vorspiel“, sage ich in der Paar- und der Sexualtherapie meinem PatientInnen und KlientInnen. Was ich damit meine: Wer sich sicher sein kann, vom Partner wertgeschätzt zu werden, der traut sich auch, seine Wünsche und Fantasien zu äußern. Dieses Vertrauen muss aufgebaut werden. Jeden Tag. Durch liebevolle Aufmerksamkeit, das Zeigen von Dankbarkeit füreinander, einen spielerischen, freudvollen Umgang miteinander.

Dein Partner weiß nicht, was du magst und willst, solange du es ihm nicht sagst. Wenn du erwartest, dass er deine Gedanken lesen kann, wirst du enttäuscht. Und wenn du erwartest, dass er das wissen muss, sozusagen als Liebesbeweis, dann ist es vielleicht genau das, was dem Begehren einen Dämpfer versetzt: Die Überzeugung, er gibt dir nicht, was du willst, weil er nicht genug Gefühle für dich hat. Das gilt natürlich genauso umgekehrt! Diese Erwartung ist meist beidseitig. Und sie führt zu Konflikten.

Es ist unabdingbar, mit dem Partner über Sex zu sprechen, dass ihr einander eure Wünsche mitteilt und euch dadurch gegenseitig beibringt, was sich gut anfühlt und was nicht. Es ist normal, keinen Sex zu wollen, der nicht den eigenen Bedürfnissen entspricht – und wenn ihr die Qualität des Sex verbessern könnt, dann wird das den Wunsch nach mehr wecken. Fast immer.


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