Begehrt werden und sich selbst begehrenswert finden
Als ich sie fragte, ob eine ihrer Probandinnen ihr gegenüber erwähnt habe, sich außerhalb ihrer Ehe Sex holen zu wollen, schüttelte sie verneinend den Kopf und erklärte, sie wünschten sich, mit ihren Lebenspartnern sexuelle Erregung und Befriedigung zu erleben. »Aber etliche Frauen, die in ihren Langzeitbeziehungen an Lustlosigkeit leiden, wissen genau: Wenn sie wirklich fremdgingen, wäre die Lust wahrscheinlich auf einen Schlag wieder da.«
In letzter Zeit hat sich Meana der »weiblichen erotischen Selbstzentriertheit« zugewandt, was nach Masturbation klingt, aber etwas anderes bedeutet. Sie folgte der Eingebung, dass Frauen sich von ihrer eigenen Sexyness genauso sehr erregen lassen wie von der ihrer männlichen Partner, wenn nicht noch stärker, und fragte eine Gruppe aus Männern und Frauen: »Würden Sie mit sich selbst schlafen wollen?« Aber hallo!, antworteten sinngemäß viele Frauen, und zwar auf eine Weise, aus der Meana schloss, dass sie das gewissermaßen bereits getan hatten. Die Männer hingegen begriffen überwiegend noch nicht einmal, wovon die Rede war.
»Für Frauen kann es der ultimative Kick sein, wenn sie sehen, dass sie begehrt werden, was nahelegt, dass die weibliche Sexualität eine Art großartige Autonomie besitzt, die ständig übersehen wird.« Sie nannte einen Aufsatz, den sie und ihr Doktorand zu dem Thema verfasst haben, deshalb »Es liegt nicht an dir, es liegt an mir« genannt, und wir lachten darüber, wie die abgedroschene Abbitte hier zu einer selbstbewussten Feststellung gewendet wird, was Frauen beim Sex wollen und brauchen: sich selbst als begehrenswert und begehrt zu erleben.
Meana bemüht gern die Popkultur, um ihre Argumente verständlich zu machen, und nun führte sie einige Songtexte an: »You make me feel like a natural woman« und Shania Twains Zeile »Man! I feel like a woman!« und Katy Perry, die singt, »Put your hands on me in my skintight jeans«. »Was passiert denn hier in diesen Texten? Du bist doch eine Frau, also klar fühlst du dich wie eine – oder nicht?«, merkte Meana beherzt an. »Aber eigentlich geht es hier doch darum, dass sich die Sängerinnen in diesen Texten hauptsächlich auf sich selbst konzentrieren. Klar?«
Um die Hypothese zu überprüfen, dass Frauen es sexy finden, sich selbst sexy zu finden, stellte sie männlichen und weiblichen Probanden eine weitere hypothetische Frage: Stellen Sie sich vor, Sie haben vor einem großen Spiegel Sex. Wie viel Zeit verbringen Sie damit, den Körper Ihres Partners zu betrachten, und wie viel Zeit damit, sich selbst anzuschauen? Die Frauen, so stellte sich heraus, würden sich selbst viel ausführlicher betrachten, als es die Männer täten. In bestimmten Momenten käme es der Frau sogar so vor, als wäre er gar nicht anwesend. »Das bedeutet jetzt nicht, dass ihr Partner sie nicht anmacht. Meine Ergebnisse werden immer so leicht fehlinterpretiert«, beeilte sich Meana hinzuzufügen. Die Unabhängigkeit der weiblichen Sexualität ist es, auf die sie hinauswill, die
Tatsache, dass die von ihr untersuchten Frauen »nicht ständig ihrem Partner tief in die Augen blicken und ein ganzkörperliches Transzendenzerlebnis haben. Manchmal konzentrieren sie sich einfach nur auf einen besonders heißen Teil des Körpers.«