Als ich 15 Jahre alt war, hatte ich, was Mädchen anging, nur Enttäuschungen hinter mir. Im Grunde genommen tat ich alles, um eine Freundin zu bekommen. Ich ließ mich ausnutzen: Ich war der Kumpel. Ich war der gute Freund. Sex hatten immer die anderen.
Als ich mit 20 dann immer noch Jungfrau war, und zwischendurch keine wirkliche Freundin hatte, träumte ich fast nur noch von Liebe und Sex. Ich dachte, ich wäre nicht liebenswert und dass ich niemals eine Freundin und Sex haben würde. Meine Hauptgesprächsthemen waren Sex. Ich idealisierte die große Liebe. Kurz darauf hatte ich in der Psychiatrie mit einer Mitpatientin mein erstes Mal. Ehrlich gesagt, war ich aber enttäuscht. Der Akt dauerte 20 Minuten. Mein Papa tröstete mich mit den Worten: „Poppen geht schnell vorbei.“ Und ich schwor mir, wenn ich das nächste Mal Sex habe, dann muss es Liebe sein – wie im Film.
Heute bin ich 34 Jahre alt. Und ich fragte mich zwischendurch immer wieder, ob Männer immer nur an das Eine denken. Es scheint so: Überall, wo wir uns umschauen, wird mit Sex Geld verdient. Dating Apps sind nicht nur Wisch und Weg, sondern auch Sex-Börsen. Als ob Sex das wirklich Einzige sei, was sich geliebt Fühlen ersetzt.
Aber ist Sex wirklich Liebe? Ich dachte das wirklich. Ich glaubte daran. Geprägt durch meine Kindheitserfahrungen, versuchte ich nach meinem ersten Mal wirklich bei all meinen Dates jede Frau ins Bett zu kommen. Ich ging davon aus, dass Sex der Beweis für wahre Liebe sei. Aber beinahe jedes Mal – zwei Mal hatte ich Riesenglück – wurde ich enttäuscht. Und dennoch wollte ich nicht zu den Männern gehören, die Frauen ihre Genitalbilder schicken – was ich auch nur ein einziges Mal tat. Ich wollte nicht, dass Frauen denken, ich bin nur auf das Eine aus. Aber heute muss ich mir eingestehen, dass ich nicht besser war, als die vielen Männer, über die geschimpft wird: Ich habe auch nur mit dem Geschlechtsteil gedacht. Und mittlerweile weiß ich auch, warum: Ich habe Sex mit Liebe verwechselt. Ich hielt Sex für das Gleiche wie Liebe.