Ist es schlimm, bislang nur einen Sexpartner gehabt zu haben?

Die brennende Frage: Kann man nur begehren, was man nicht hat?

Dass sich Lisa immer wieder den Umwerbungen ihres Mannes entzieht, macht sie ein Stück weit unerreichbar und begehrenswert. Über die Jahre der Ehe hat sie das natürlich bemerkt. Auch wenn sie ihre Zurückweisungen nicht wissentlich macht, um sein Bindungssystem zu aktivieren und seinen “Jagdtrieb” zu provozieren, so ist sie doch erfolgreich damit. Und diese Dynamik ist es, die eigentlich den Konflikt darstellt, nicht die Anzahl der Sexpartner. Diese Argumentation wurde von beiden in den Fokus gerichtet, um sich nicht genauer mit der Spirale aus Forderung und Zurückweisung auseinandersetzen zu müssen.

In einer Übung legen beide fest, wie sie künftig neue Erfahrungen machen wollen. Dazu definieren sie die Themen, bei denen sie keinen Kompromiss zulassen können (oder wollen) und jene, bei denen sie flexibler sind. Es geht aber nicht darum, Argumente und Positionen auszutauschen, sondern es geht um Verständnis für das Innenleben und die Liebeslandkarte. Gegenseitig erklären die Partner, aufgrund welcher Erfahrungen sie ihre “roten Linien” ziehen, woher ihre Überzeugungen kommen, wie sie entstanden sind und weshalb sie sich gefestigt haben. Oft sind das sehr frühe Erfahrungen und Vorbilder aus der Kindheit. Die Aufarbeitung geschieht mit Hilfe eine Fragenkatalogs, der einen Blick unter die Oberfläche gewährt und ein neues, tiefes Verständnis für die Haltung des Partners ermöglicht. Eine solche Arbeit löst nicht immer gleich den Konflikt, aber legt den Grundstein für die spätere Verhandlung.

Manche Menschen trennen Sex von Liebe, manche grundsätzlich, manche gelegentlich und abhängig vom Mitspieler. Für Lisa gibt es diese Trennung nicht. Es ist ganz normal, dass in Langzeitbeziehungen Leidenschaft der Geborgenheit und Vertrautheit weicht. Fantasie ist Antrieb von Sexualität. Wer jede Berührung kennt, kann sich also nicht mehr allein auf die Fantasie verlassen und muss an der Intensität der Begegnung arbeiten. Deshalb sagen ja auch glückliche, monogame Langzeitpaare, sie hätten zwar nach all den Jahren weniger Sex, dafür aber den intensiveren und befriedigenderen. Eine Menge Unzufriedenheit bei Paaren entsteht dadurch, dass ihnen permanent eingeredet wird, sie müssten mehr und besseren Sex haben, als der, den sie bisher gemeinsam erleben. Dazu gehört auch die Anzahl der Sexpartner. Aber eine Zahl kann nicht relevant sein für die Beziehungszufriedenheit.


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