Meistens sind es ganz alltägliche Situationen, die Autorin Jo Berger den Stoff für ihre Geschichten liefern. Und die übersteht man am besten mit einer gehörigen Portion Nutella und jeder Menge Humor
Liebe Frau Berger, in Ihren Romanen und Kurzgeschichten leuchten Sie auf humorvolle Weise das komplizierte Miteinander von Frau und Mann aus. Wie kommt‘s, dass die beiden Geschlechter seit jeher so viele Probleme miteinander haben?
Jo Berger: Seit der Steinzeit ist in unseren Köpfen das Bild der Nesthüterin und des Urzeitjägers verankert. Die Rollen waren klar verteilt: Der Mann erledigte Mammuts — und das bitte, ohne das Tier totzuquatschen. Im Gegenteil: Er musste sich möglichst unauffällig anpirschen und zielgerichtet vorgehen. Dieses Muster zeigt sich bei den männlichen Vertretern unserer Gattung heute noch beim Kauf von Kleidung. Die Jeans ist das neue Mammut. Die Urfrau hingegen hütete Kinder und Höhle und hatte dabei viel Zeit zum Nachdenken. Klar, denn im Gegensatz zum testosteronbepackten Grundversorger musste sie nicht ständig adrenalingefüllt vor Säbelzahntigern flüchten und nebenbei Großwild erledigen. Nur verständlich, dass die darauffolgende Ruhephase den schweigsamen Jäger nur wortlos ins Feuer starren ließ. Da wurde nicht viel geplaudert, die Dinge waren klar. So scheint es heute noch tief in den Genen — und in den Hirnen — verankert: Männer wollen Ergebnisse, Frauen wollen reden.
Was können wir für unser Liebesglück tun? Gibt es eine Geheimzutat für eine glückliche Beziehung?
Nun, ein Rezept für eine dauerhaft glückliche Beziehung gibt es wahrscheinlich genauso wenig wie die Schlussformel: Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.
Dauerhafte Liebe ist nicht nur ein Geschenk, auch Arbeit und darüber hinaus nur unwahrscheinlich durchgängig mit Friede, Freude und Happiness gesegnet. Man sollte sich immer wieder um den Partner bemühen, nichts als selbstverständlich erachten und vor allen Dingen nicht das Gefühl haben, sich für den anderen verbiegen zu müssen. Wähle einen Partner, bei dem du die wenigsten Kompromisse eingehen musst, der mit dir auf Augenhöhe kommuniziert und mit dem du lachen kannst. Du wirst dich in einem mit Erotikpostern aus dem Hustler tapezierten Zimmer ebenso wenig wohlfühlen wie dein Herzblatt in plüschrosa Sofakissen. Bist du eine Frohnatur, wirst du in einem vernagelten Bedenkenträger möglicherweise ein ausgleichendes Pedant finden, auf Dauer jedoch frustriert zum Lachen in den Keller gehen.
Nebenbei bemerkt haben auch Schmetterlinge in Bauchhöhlen eine begrenzte Lebensdauer und wer dann noch dem Charme der Floskel “Gegensätze ziehen sich an” erliegt, hat eigentlich die Endphase der Romanze bereits eingeläutet. Ich halte diese Annahme für meilenweit von der Wahrheit entfernt. Stattdessen bilden gemeinsame Interessen, Humor, das Miteinander-Reden-Können, Wertschätzung und Vertrauen eine solide Grundlage.
Bei aller Liebe sollten jedoch gemeinsame Interessen nicht das auf Gedeih und Verderb permanente Aneinanderkleben mit einschließen. Dieser Ansatz ist meiner Meinung nach der sichere Weg in eine schleichende Beziehungsapokalypse. Denn Freiraum gehört ebenfalls zu den Zutaten einer glücklichen Beziehung.
Wahrscheinlich liegt das Glück — wie immer — irgendwo in der Mitte und je überwältigender der Beziehungsurknall am Anfang der Romanze war, um so größer scheint die Chance auf Dauerhaftigkeit.
Wenn Sie sich etwas für das Miteinander von Frau und Mann wünschen dürften – was wäre das?
Den jeweils anderen so zu lieben, wie er ist, mit all seinen Macken und Besonderheiten, ohne Beschränkung der eigenen Bedürfnisse. Hört sich zu einfach an? Ja, weil es so einfach ist.
Woher nehmen Sie eigentlich die Inspiration für Ihre Geschichten?
Die Inspiration entsteht im Alltag. In der Regel suche ich sie nicht, sondern sie findet mich. Einfach so. Schnapp, da ist sie. Meistens völlig aus dem Off und wenn ich gerade dabei bin, etwas völlig anderes zu tun. Manchmal mitten im Gespräch mit einer Freundin, hier und da bei meinen täglichen Hundespaziergängen. Bisweilen sind es ganz profane Alltagssituationen, wie zum Beispiel Familienzusammenkünfte, die Schlange an der Kasse oder das Frauengespräch am Nebentisch in einem Café. Oft genügt ein Satz, eine Geste, eine winzige Begebenheit, dann ist sie da, die Idee zu einer Geschichte oder die Frage, die beantwortet werden möchte und Potential zur humoristischen Überzeichnung verrät.
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