Wir schaffen das gemeinsam

Wir verabreden uns für den nächsten Tag und fahren einige Zeit auf holprigen Straßen. Links und rechts des Weges befinden sich Reisfelder, dazwischen ein paar Palmen. Kambodscha wirkt auf uns exotisch, idyllisch und heiß. Es sind über 40 Grad im Schatten. Auf den sattgrünen Reisfeldern stehen immer wieder kleine graue Blechhütten, an einer von ihnen halten wir. Eine junge Frau, vielleicht Anfang 30, kommt mit ihrer kleinen Tochter auf dem Arm etwas verunsichert in unsere Richtung gelaufen. Besuch hat sie nur selten. Wir gehen zu ihrer Hütte und sind zutiefst erschüttert. Der Boden besteht aus löchrigen und zerbrechlichen Bambusstäben, das Dach aus Aluminium, eine Feuerstelle vor dem Haus und ein Kübel mit Wasser. Das war‘s. Keine Matratze, keine Kleider, keine Toilette, nichts. Dass hier jemand wohnt, hätten wir beim Vorbeifahren nicht erwartet. Narath erklärt ihr, dass wir ihr morgen eine Solaranlage installieren werden und dass sie ab dann Licht hat.

Plötzlich fängt sie bitterlich an zu weinen. Sie schluchzt richtig und erzählt, dass sie sich die teuren Kerzen nicht mehr leisten kann. Dabei braucht sie mit ihren zwei kleinen Kindern dringend Licht. Eines ihrer insgesamt drei Kinder musste sie erst kürzlich abgeben, weil sie es nicht mehr ernähren konnte. Ich stehe da und obwohl ich mir alle Mühe gebe nicht loszuheulen, kullert eine einsame Träne meine Wange hinunter …

Mittlerweile haben wir 31 Solaranlagen installiert. Einige davon in Kambodscha, andere auf abgelegenen Schulen in Vietnam und bald auch in Nepal. Es war dieser ganz besondere Moment bei der Frau mit ihren kleinen Töchtern, der in uns etwas verändert hat. Wir haben gemerkt, dass Licht Leben verändert und auch, wie gut und sinnvoll es sich anfühlt, anderen zu helfen. Statt Excel-Tabellen mit Zahlen zu füllen, klettern wir jetzt auf Dächern, um kleine Solaranlagen zu installieren. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, mindestens 100 Solaranlagen für Menschen ohne Licht und ohne Strom zu installieren. Aber hoffentlich werden es noch viele, viele mehr. Finanziert werden die Projekte über unseren gemeinnützigen Verein SunHelp International e.V., wohingegen wir unsere Reisekosten natürlich komplett selbst tragen.

Heute, ein Jahr später, können wir uns ein Leben, wie wir es früher einmal hatten, nicht mehr vorstellen. Erst recht nicht bei dem Gedanken, nicht 24 Stunden am Tag zusammen zu sein. Wir haben in dieser Zeit so viel erlebt, haben jeden Moment miteinander geteilt und auch, wenn wir uns das nach über neun gemeinsamen Jahren nicht mehr hätten vorstellen können, wir kennen uns jetzt noch besser als vorher. Diese Reise hat uns noch mehr zusammengeschweißt, wir sind eine noch stärkere Einheit geworden.

Für viele in unserem Umfeld ist das unvorstellbar, aber einen richtigen Streit hatten wir schon lange nicht mehr. Wir werden gefragt: „Wie macht ihr das 24 Stunden, 365 Tage im Jahr zusammen zu sein?“ Das Geheimnis liegt vielleicht darin, dass wir uns bedingungslos so akzeptieren wie wir sind. Vielleicht aber, weil wir uns Fehler schnell verzeihen. Oder vielleicht aber auch, weil er meine ganz große Liebe ist und ich genau weiß, dass wir – gemeinsam als Team – alles schaffen können! Auch 100 Solaranlagen für arme Menschen in den abgelegensten Gegenden der Welt zu installieren …


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