WIR mögen gerne italienisches Essen, Reisen nach Asien und Hunde. Wo bleibt denn da das Individuum?
Manche Paare scheinen auf dem gemeinsamen Lebensweg ganz vergessen zu haben, dass sie mal eine eigene Meinung hatten. Vollkommene Verschmelzung tritt ein. Jeder Satz beginnt wahlweise mit “wir” oder “uns” und lässt beim Gesprächspartner die Frage offen, ob man sich denn nun gerade mit seinem Kumpel bzw. seiner besten Freundin unterhält oder einem Pärchen-Monster.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ein WIR Gefühl zu entwickeln, ist essentiell für eine Beziehung. Es schafft Bindung, macht einen zu einer kleinen Einheit (beziehungsweise später zu einer Familie) und sorgt dafür, dass man sich geborgen fühlt. WIR heißt aber nicht, dass es kein ICH und DU mehr geben sollte. Zum einen ist so eine Selbstaufgabe nie gut für die eigene Persönlichkeit und führt letztlich eher in eine Art Abhängigkeit, zum anderen wird es für Ihren Freundeskreis zunehmend anstrengender, wenn es Sie nur noch im Doppelpack gibt – sowohl physisch (Sie kleben förmlich aneinander und nehmen Termine nur noch im Doppelpack wahr) als auch emotional (es existiert nur noch die gemeinsame Meinung).
Wie viel WIR ist also gut und wo ist die Grenze?
Wir gehören zusammen, wir lieben uns, wir wollen heiraten: wundervoll, zeigen Sie so Ihre Liebe und Zusammengehörigkeit.
Wir tragen gerne blaue Jack Wolfskin Jacken, wir mögen italienisches Essen, wir kommen gerne zum Gilmore Girls Abend mit den Mädels: sorry, aber das geht eindeutig zu zweit.
Seine eigenen Interessen, Vorlieben und Hobbies zu behalten, ist ungemein wichtig. Letztendlich formen all diese Dinge doch die eigene Persönlichkeit – und in die hat sich Ihre Partner nun mal verliebt. Eigenständigkeit und eine eigene Meinung sind sexy. Wer möchte schon einen Klon seiner selbst zum Partner haben?
In einer langjährigen Beziehung ist es natürlich vollkommen normal, dass man auch gemeinsame Interessen und Hobbies entwickelt und grundsätzlich in vielen Dingen einer Meinung ist. Und klar möchte man als Paar auch optisch manchmal gut zusammenpassen. Aber wer möchte denn ernsthaft aussehen wie zwei passende Memory Karten?
Auch wenn man sich zwangsläufig in vielen Dingen angleicht, sollte man sich dennoch seine Individualität behalten und nicht alles – nur dem Partner zuliebe tun oder toll finden: Sie gehen nicht gerne Skifahren, aber Ihr Partner liebt es, die Pisten herunterzurasen? Na und, dann verbringt er eben diesen Urlaub mit seinen Jungs und Sie machen etwas anderes. Sie lieben ausgiebiges Bummeln über Flohmärkte, aber Ihr Liebster kann damit so gar nichts anfangen? Man muss ja nicht jede freie Sekunde zusammen verbringen. Eigene Aktivitäten schaffen neue Erfahrungen und Eindrücke, die man anschließend miteinander teilen kann.
Behalten Sie Hobbies bei, die Sie vor der Beziehung gerne gemacht haben, stehen Sie zu den Sachen, die Sie gerne mögen und tun und formulieren Sie Ihre Ansichten in der ICH Perspektive. Umso schöner sind die Dinge, die Sie wirklich zusammen während Ihrer Beziehung entwickelt haben und die Sie als WIR zusammenschweißen.