Wie überrede ich meinen Partner zu einer offenen Beziehung? 

Unsere Autorin lebt in einer offenen Ehe. Vor ein paar Wochen matchte sie über eine Dating App einen Mann, der von ihr wissen wollte, wie sie es geschafft habe, ihren Mann davon zu überzeugen…

Seit ich über meine Beziehungsform schreibe, bekomme ich immer wieder Nachrichten von Leser*innen, die sich für Polyamorie und offene Beziehungen interessieren. Und ich bekomme sie gerne. Es macht mir viel Spaß, sie zu beantworten und ich freue mich sehr über das Interesse. Doch nicht immer sind die Nachrichten die mich erreichen, sagen wir mal, taktvoll. 

Vor ein paar Wochen matchte ich über eine Dating App mit einem Mann Anfang dreißig. „Netterweise“ klärte er mich ziemlich schnell auf, dass das Foto, das er verwendete, nicht er selbst sei und er diese Plattform „inkognito“ nutze. Normalerweise hätte ich das Match sofort aufgelöst, aber es interessierte mich doch, was er beabsichtigte. Er habe gesehen, dass ich in einer offenen Ehe lebe und hatte eine Frage. Er war seit dreizehn Jahren mit seiner Freundin zusammen sehr glücklich, wie er mir versicherte. Und doch war sie die einzige Frau, mit der er je geschlafen hatte und ihn quälte die Frage, ob er vielleicht etwas verpassen würde. Ob da noch mehr sein könnte. Die Sehnsucht nach Begegnungen außerhalb seiner Beziehung wurde so groß, dass er sie seiner Partnerin anvertraute. Doch leider passierte genau das was er erwartet hatte. Sie wurde wütend, war verletzt, sie stritten sich wochenlang und am Ende blieben sie zwar zusammen, doch nur unter der Bedingung, dass er es vergessen könne und sie nie wieder darüber sprechen sollten. 

Offene Beziehungen sind nicht für jeden geeignet

Das hätte es gewesen sein können, möchte man meinen. Schließlich haben sich hier zwei Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen getroffen und sich am Ende darauf verständigt, dass eine von ihnen dieses Lebensmodell nicht möchte. Und der andere hat abgewogen und entschieden, dass ihm die Beziehung wichtiger ist und er sie nicht aufgeben möchte. Das kann vorkommen.

Offene Beziehungen kommen nicht für jeden in Frage und dafür muss man sich auch nicht schämen. Ich sage häufig, wenn ich gefragt werde, dass mir das Vertrauen in meine Ehe den Glauben daran geschenkt hat, dass wir uns öffnen konnten. Aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass ich der Meinung bin, dass jeder, der seine Beziehung nicht öffnet, auch nicht auf sie vertraut. 

Nun wollte dieser junge Mann aber nicht akzeptieren, dass seine Freundin und er sich nicht auf eine Öffnung einigen konnten und wollte von mir wissen, wie ich es geschafft hätte, meinen Mann von einer offenen Beziehung zu „überzeugen“. Am besten bitte Schritt für Schritt und im Detail. Eine Bedienungsanleitung für die Öffnung einer Beziehung. Bei mir hatte es ja schließlich auch geklappt, also warum sollte das Rezept nicht auch auf seine Beziehung anwendbar sein? Mit welchen Tricks hatte ich ihn so manipuliert, dass er mir gab, was ich wollte? Ich musste eine Weile darüber nachdenken. 

Wie hatte ich meinen Mann so manipuliert, dass er mir gegeben hat, was ich wollte… 

Also schrieb ich ihm zurück: 

Hallo D., zuerst einmal, es tut mir leid dich, enttäuschen zu müssen, aber es gibt keinen Leitfaden, an dem du dich entlanghangeln kannst, um deine Beziehung zu öffnen. Jede Beziehung und jeder Mensch ist anders und man kann niemanden dazu zwingen, polyamor oder offen zu leben. 

Und nein, ich habe meinen Mann nicht manipuliert, um zu kriegen, was ich will. Der Gedanke, einen Menschen, den ich liebe, aus egoistischen Motiven dazu zu bringen, etwas zu tun, was er überhaupt nicht will, schreckt mich ab. Das ist keine Liebe für mich. Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir gemeinsam zu einer Lösung kommen können, die uns beide glücklich macht. Natürlich gab es Tränen, Grenzen die überschritten wurden, weil uns nicht klar war, wo sie liegen. Und wir mussten immer wieder neu zusammenfinden.

Ich verstehe, dass du dich nach fremden Berührungen sehnst. Mir ging es nicht anders. Aber ihr habt darüber gesprochen und du hast dich entschieden, dass ihr monogam zusammen bleiben wollt. Du musst dir überlegen, wo deine Prioritäten liegen und wenn sie nicht länger bei deiner Beziehung sind, solltest du das ehrlich kommunizieren.“ 

Seine Antwort war die Frage, ob ich nicht Lust auf eine Affäre mit ihm hätte. No, thanks!


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